Ablenkung: Apps für "sicheres Fahren" spielen bei Verkehrsunfällen große Rolle

Immer mehr Mobil-Anwendungen sollen bei der Navigation helfen und das Fahrverhalten überwachen. Doch es wächst die Sorge, dass sie Fahrer letztlich ablenken.

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CarPlay im Auto

(Bild: Hadrian / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Apps für "sicheres Fahren" ziehen in immer mehr Autos ein. Sie sollen bei der Navigation helfen, Verkehrsinformationen kontinuierlich aktualisieren, das Fahrverhalten überwachen und Anreize für sichereres Fahrverhalten bieten. Laut der International Drivers Association, die internationale Führerscheine ausstellt, stehen solche mobilen Anwendungen aber mit 13,6 Prozent aller schweren Verkehrsunfälle in Verbindung. Dominic Wyatt, Kursberater bei dem Verband, sprach von einem Paradox: Genau die Werkzeuge, die eigentlich für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen sollen, könnten Fahrer ablenken und sie zu einem von sich selbst eingenommenen, gefährlichen Fahrstil verleiten.

Der nordamerikanische Automobil-Club AAA verweist auf eine Studie, wonach schon eine zweisekündliche Ablenkung das Unfallrisiko im Auto verdoppeln könne. Nach offiziellen Angaben sei jeder zehnte tödliche Verkehrsunfall in den USA auf Unachtsamkeit zurückzuführen, was zu mehr als 3000 Todesfällen pro Jahr führe. Unaufmerksamkeit am Steuer sei eine der häufigsten Ursachen für Unfälle, Verletzungen und Todesfälle auf Kanadas Straßen, erklärt der kanadische AAA-Ableger CAA. In dem Land seien sogar 21 Prozent der tödlichen Unfälle darauf zurückzuführen. Einer Studie der EU-Kommission zufolge hängen etwa 5 bis 25 Prozent der Autounfälle mit Fahrerablenkung zusammen. Für Lkw-Führer seien sogar Quoten bis zu 70 Prozent ermittelt worden. Die Unterschiede hingen mit verschiedenen Arbeitsdefinitionen, Forschungsmethoden und Fahrerpopulationen zusammen.

Die International Drivers Association spricht angesichts zunehmender Fahr-Apps nun von einer "unsichtbaren Gefahr". Als Ursachen macht sie etwa "übermäßiges Vertrauen in Navigationstools" aus. GPS und Navis seien zwar nützlich, "um die schnellste oder kürzeste Route zu finden". Aber Fahrer verließen sich teils "zu sehr auf sie, bis zu dem Punkt, an dem sie mehr auf ihre Bildschirme schauen als auf die Straße vor ihnen". Dies könne die Reaktionszeit bei unbekannten Hindernissen oder anderen Punkten verzögern, die plötzlich im Straßenverkehr aufträten und Bremsen erforderten. Ferner prasselten über Bordcomputer und Smartphones verstärkt Verkehrsmeldungen, Wetterbedingungen, Chat-Nachrichten oder Telefonanrufe auf Fahrer ein, die deren Aufmerksamkeit teils in entscheidenden Momenten beanspruchten.

Einschlägige Apps überfluten die Fahrer dem Zusammenschluss zufolge mit Informationen – von Aufforderungen zum oder Warnungen vor einem Spurwechsel bis zu drohenden Geschwindigkeitsübertretungen. Oft kämen solche Hinweise "mit einer sehr hohen Frequenz", was das Setzen von Prioritäten und eine angemessene Reaktionsweise erschwere. Die größte Gefahr bestehe darin, dass die Personen am Steuer bei der Verwendung solcher Anwendungen ein falsches Sicherheitsgefühl entwickelten. Der vermeintliche Ausschluss "dummer" eigener Entscheidungen könne zu rücksichtslosem oder unvorsichtigem Fahren verleiten.

Selbst Freisprecheinrichtungen – die oft als sichere Methode angepriesen werden – seien nicht risikofrei, betont die International Drivers Association. Auch bei Spracheingaben und gesprochenen Anweisungen müsse der Fahrer kognitive Aufmerksamkeit aufbringen, die normalerweise auf die Straße oder die Instrumentenanzeige gerichtet wäre. Die Vereinigung empfiehlt im Auto daher "Single-Tasking": Es sei entscheidend, sich auf die Aufgabe des Steuerns zu konzentrieren und nicht mehreres gleichzeitig erledigen zu wollen. Wichtig sei zudem eine vorausschauende Planung: "Legen Sie vor Fahrtbeginn Ihre Parameter oder Präferenzen in den Apps fest."

(olb)