Ablösung des Telekom-Chefs durch Technik-Vorstand umstritten

Mehrere Vorstände der Deutschen Telekom sind gegen die Ablösung des Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer; derweil geht der Wahlkampf mit Hilfe der Telekom munter weiter.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mehrere Vorstände der Deutschen Telekom sind nach einem Pressebericht gegen die Ablösung des Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer durch den Technikvorstand Gerd Tenzer. "Es gibt eine Front gegen ihn", zitiert die Financial Times Deutschland Vorstandskreise. Den Gegnern von Sommer wolle der Vorstand mit einem neuen Szenario entgegen kommen. Danach solle dieser zunächst Telekom-Chef bleiben und nach einer Schamfrist in den Aufsichtsrat wechseln. In der Zwischenzeit solle ein geeigneter Nachfolger gesucht werden. Sommer selbst hält seine Unternehmensstrategie nach wie vor für richtig und wartet angeblich ab, mit welcher Begründung ihn der Aufsichtsrat ablösen will: Er wird nach dpa-Informationen am Dienstag persönlich vor dem Aufsichtsrat seine Konzern-Strategie verteidigen.

Ein Mitglied des Aufsichtsrats sagte der Finanzzeitung: "Es ist unsere Auffassung, dass es keine Lösung ist, Sommer zu stürzen." Widerstand gegen den Wechsel von Sommer zu Tenzer gebe es auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Aus der Umgebung des Aufsichtsrats hieß es sogar, einige Aufsichtsräte würden eher zurücktreten, als sich gegen Sommer zu stellen. Parallel zur Personaldebatte intensiviere die Telekom Bemühungen, die Schulden zu senken. Aus einem Vorstandspapier, dass der Zeitung in Teilen vorliege, gehe hervor, dass der Vorstand den Verkauf von Verlustbringern erwäge. Hierzu zähle auch die niederländische Mobilfunktochter Ben. Der Vorstand gehe davon aus, die Verbindlichkeiten ohne Börsengang von T-Mobile bis 2005 auf rund 40 Milliarden Euro abbauen zu können.

Der Vorstand und Großaktionär der amerikanischen Telekom-Tochter Voicestream, John Stanton sagte der Zeitung: "Was die Regierung gerade macht, ist die Politisierung der Deutschen Telekom. Die Investoren in den USA verlieren das Vertrauen in den Konzern." Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sprach bereits von einem einmaligen Fall in der deutschen Wirtschaftsgeschichte: "Nie wurde bei einem maßgeblich vom Staat beherrschten Unternehmen so offen und schonungslos über einen Nachfolger diskutiert. In nur knapp einer Woche drangen die Namen von fast einem Dutzend Kandidaten an die Öffentlichkeit."

Derweil spielt die Politik munter weiter "Machtkampf bei der Telekom". Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer meinte am Sonntagabend in der ARD-Polit-Talkshow Sabine Christiansen: "Wenn man einen Vorstandsvorsitzenden ablösen will, dann darf man nicht so ein Desaster anrichten, wie es sich jetzt abgezeichnet hat in den letzten Tagen." Der stellvertretenden FDP-Chef und baden- württembergische Wirtschaftsminister Walter Döring bezeichnete das Verhalten von Bundeskanzler Gerhard Schröder als "Öffentlichkeitsgetue" mit verheerender Wirkung. Der post- und telekommunikationspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Barthel, schoss sich dagegen auf die Union ein: "Die Bundesregierung hat sich an der Diskussion nicht beteiligt, sondern sie wurde von der Opposition losgetreten, um Wahlkampf zu machen", sagte Barthel am Montagmorgen im Deutschlandfunk, wohl in Anspielung auf die Auseinandersetzung zwischen Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber und Schröder im Verlauf des Bild-Gesprächs von vor einer Woche. (jk)