Algorithmische Timeline: Twitter drückt sie iPhone-Nutzern auf
Twitter ist bekannt und beliebt dafür, Tweets chronologisch anzuzeigen. Die neueste iOS-Version der App dreht das um – trotz Nutzerprotesten.
Twitter versucht erneut, seinen Nutzern eine vorgefilterte – also algorithmisch erstellte – Zeitleiste von Tweets schmackhaft zu machen. iPhone-Nutzer dienen dabei als Versuchskaninchen. Die jüngste Version 9.40 der iOS- und iPadOS-App des Kurznachrichtendienstes, die Anfang der Woche erschienen war, macht dazu erneut die "For you"-Ansicht ("Für Dich") zum Standard. Diese enthält Tweets in jener Reihenfolge, die Twitters Algorithmen für den jeweiligen Nutzer für passend halten. Dabei ist der Dienst eigentlich bekannt (und beliebt) dafür, im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken wie Facebook eine rein chronologische Timeline in den Vordergrund zu stellen.
Ein erneutes Experiment
Praktisch umgesetzt wird dies dadurch, dass nicht mehr die Zeitleiste der Tweets die Startseite beim Öffnen der App bildet, sondern besagte "For you"-Ansicht. Zwar ist die chronologische Anordnung nicht ganz verschwunden, doch muss man sie erst per Tab auswählen. Auch kehrt man von allen Funktionen der App (wie Tweet-Ansichten) stets wieder auf die "For you"-Seite zurück, bekommt sie also andauernd erneut serviert, sodass man sie für die Hauptansicht des Dienstes halten könnte. Der App fehlt aktuell die Möglichkeit, dies zu ändern, das Verhalten wird also erzwungen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Twitter diese Veränderung vorgenommen hat. Anfang 2022 – noch vor der Übernahme des Dienstes durch Elon Musk – war die App bereits kurzzeitig so umgebaut worden. Nach teils massiven Nutzerprotesten wurde dies jedoch wieder rückgängig gemacht. Die "For you"-Darstellung präsentiert nicht nur Tweets von Nutzern, denen man folgt, sondern Botschaften von allen Nutzern, die Twitter für interessant hält. Sie hilft dem Unternehmen auch, mehr Daten über die Interessen der Nutzer zu sammeln (und dadurch stärker zielgerichtete Werbung zu verkaufen).
Weniger Macht für den Nutzer
Die chronologische Timeline wird hingegen vom User selbst bestimmt: Hier tauchen nur Tweets derjenigen auf, denen man folgt – und das sobald sie einen Tweet absetzen. Bei algorithmisch generierten Zeitleisten besteht immer auch die Gefahr, dass der Nutzer falsch "einsortiert" wird und merkwürdige Tweets erhält, die ihn nicht interessieren – von einer möglichen Festlegung in (nicht selbst bestimmten) Filterblasen ganz zu schweigen.
Aktuell ist die Änderung hin zur "For you"-Startseite nur auf dem iPhone implementiert. Die Android-Version der App bleibt wie gehabt. Ein zweites aktuelles Problem der Twitter-App unter iOS betrifft die Bildvorschau. Die Aufnahmen werden seit Kurzem (wieder) angeschnitten, sie müssen zur Vollansicht geöffnet werden. Klagen darüber scheinen bereits beim Twitter-Management angekommen zu sein, selbst Elon Musk mag die Darstellung laut eigenen Angaben nicht.
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(bsc)