Voyager-1-Triebwerk gestartet: Hohes Alter der Sonde wird zunehmend zum Problem

Ein Triebwerk der Voyager-1-Sonde wurde erfolgreich gestartet. Es war wegen Leistungsproblemen eigentlich außer Betrieb.

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Eine Grafik der Voyager 1 im All.

Eine Grafik der Voyager 1-Sonde im All: Die NASA hat eines der Triebwerke wieder aktiviert.

(Bild: NASA)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Niklas Jan Engelking
Inhaltsverzeichnis

Bei der Voyager-1-Raumsonde der US-Raumfahrtbehörde NASA ist ein schwieriger Triebwerks-Start geglückt. Die NASA-Mitarbeiter mussten dafür zunächst einige andere wichtige Systeme an Bord außer Betrieb nehmen – wegen Energiemangels. Das Triebwerk selbst war auch schon einmal außer Betrieb gegangen. Das Alter der 1977 gestarteten Voyager 1 stellt die NASA zunehmend vor Herausforderungen.

Der Vorgang war entscheidend für die Kommunikation der Voyager 1 mit der Erde: Das jetzt aktivierte Triebwerk stellt sicher, dass die Antenne der Sonde permanent auf die Erde ausgerichtet ist, während Voyager 1 die äußeren Regionen unseres Sonnensystems erkundet. Das ist notwendig, damit die Sonde Befehle empfangen und wissenschaftliche und technische Daten senden kann.

Hintergrund des komplizierten Unterfangens war ein verstopftes Treibstoffrohr. Nach 47 Jahren Betrieb hat sich darin Siliziumdioxid angesammelt, ein Nebenprodukt, welches mit der Zeit aus einer Gummimembran im Treibstofftank der Sonde entsteht. Durch die Verstopfung können die Triebwerke weniger Schubkraft generieren, schreibt die NASA in einer Pressemitteilung.

Alle drei Triebwerke der Sonde werden demnach mit flüssigem Hydrazin betrieben, welches sie in Gase umwandeln und in etwa zehn Millisekunden langen Stößen freisetzen, um die Antenne des Raumfahrzeugs sanft zur Erde zu neigen. Im intakten Zustand müsste das Triebwerk etwa 40 dieser kurzen Stöße pro Tag abgeben.

Insgesamt hat die Voyager 1 drei Triebwerke. Eines dient dazu, den Kurs der Sonde zu kontrollieren, die zwei anderen sollen die Raumsonde an sich korrekt auszurichten. Je weiter die Sonde aber ins Sonnensystem hinausfliegt, desto simpler werden auch die Anforderungen an die Triebwerke, sodass die Einsatzzwecke der Triebwerke durchaus variieren können.

Das jetzt aktivierte Triebwerk diente auch ursprünglich der Ausrichtung der Sonde und wurde schon einmal wegen des verstopften Treibstoffrohrs abgeschaltet. Dem Ingenieursteam der Mission in Südkalifornien fiel erstmals 2002 auf, dass eines der beiden Ausrichtungs-Triebwerke wegen eines verstopften Treibstoffrohrs an Leistung verlor. Sie nutzten fortan das zweite Triebwerk dieser Art.

Als es 2018 dieselben Ausfallerscheinungen zeigte, verlagerten die Ingenieure die Aufgabe stattdessen auf das Triebwerk, das ursprünglich für Kurskorrekturen diente. Hier trat das Verstopfungsproblem jedoch deutlich schneller auf – sodass das Team jetzt wieder vor demselben Problem stand.

Die betroffenen Rohre befinden sich im Triebwerk selbst und leiten den Treibstoff zum Katalysatorbett. Der Durchmesser von ursprünglich circa 0,25 Millimetern beträgt nun lediglich 0,035 Millimeter – in etwa der Durchmesser eines menschlichen Haars.

Offenbar genügt das jetzt wieder aktivierte Triebwerk mittlerweile den Anforderungen zur Ausrichtung der Sonde, die ja mit zunehmender Dauer der Mission simpler werden sollen.

Das Alter der Voyager stellte die Nasa beim Anschalten des Triebwerkes vor Herausforderungen. Die drei an Bord befindlichen Radioisotopengeneratoren liefern immer weniger Elektrizität – sie wandeln diese aus der Hitze um, welche beim Zerfall von Plutonium-238-Brennklötzen entsteht. Nach 47 Jahren bringt diese Radionuklidbatterie jedoch zunehmend weniger Energie, weshalb die NASA bereits viele Systeme an Bord abgeschaltet hat, darunter auch einige Heizkörper.

Dadurch war auch das Triebwerk abgekühlt, welches wieder eingeschaltet werden sollte. Die Aktivierung unter den jetzigen Bedingungen bezeichnete die NASA selbst in ihrer Pressemitteilung als "Puzzle": Damit es beim Start keinen Schaden nimmt, musste es vorher aufgeheizt werden. Dafür musste wiederum ein Heizkörper aktiviert werden, den dafür erforderlichen Strom galt es an anderer Stelle einzusparen.

Hierfür schalteten die Ingenieure vorübergehend eines der noch genutzten wissenschaftlichen Messgeräte sowie die Hauptheizkörper der Voyager 1 ab. Nach gründlicher Analyse war der Betrieb ohne Hauptheizkörper für maximal eine Stunde möglich. Auch bei dem Messgerät habe die Gefahr bestanden, dass es durch zu lange Abschaltung nicht wieder in Betrieb gehen könne, schreibt die NASA in ihrer Pressemitteilung.

Der Versuch war erfolgreich: Am 27. August meldeten die NASA-Ingenieure den erfolgreichen Start des Triebwerks. Knifflig wird die Arbeit mit der Voyager 1 aber auf jeden Fall bleiben: "Alle zukünftigen Entscheidungen werden deutlich mehr Analyse und Vorsicht benötigen als früher", sagte Voyager-Projektleiterin Suzanne Dodd.

(nen)