Amazon verspricht EU, unabhängige Verkäufer besser zu behandeln

Händlerdaten sind tabu, jetzt aber wirklich. Außerdem kommen Lockerungen bei Prime und Änderungen der Buy Box – für sieben Jahre anstatt nur fünf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Karton von Amazon mit dem Schrifttext "Spend Less, Smile more"

Wer hätte das gedacht: Amazon.com fordert neuerdings zu Reduktion des Konsums auf.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Amazon.com übt eine doppelte Funktion aus: Das Unternehmen verkauft als Einzelhändler Produkte auf seiner Webseite und betreibt außerdem einen Online-Marktplatz namens Marketplace, über den andere Händler ihre Waren direkt an Amazon-Kunden verkaufen könnten. Das führt zu Interessenkonflikten. Gegenüber der EU hat sich Amazon nun zu Wohlverhalten verpflichtet. Damit finden zwei wettbewerbsrechtliche EU-Verfahren ihren Abschluss.

Der erste Teil der Verpflichtung geht auf Wettbewerbsermittlungen gegen Amazon zurück, die die EU-Kommission im Juli 2019 eingeleitet hat. Obwohl genau das konzernintern untersagt ist, dürften Amazon-Mitarbeiter wiederholt Daten von Marketplace-Händlern analysiert haben, um anschließend Produkte unter Eigenmarke zu entwickeln und zu verkaufen. Solche Daten sind beispielsweise Verkaufszahlen oder Aufwand für Marketing und Versand für spezifische Produkte.

Nun verpflichtet sich der US-Konzern laut EU-Kommission rechtlich bindend, das bereits intern bestehende Verbot jetzt auch wirklich einzuhalten. Nicht-öffentliche Daten von Marketplace-Händlern sollen nicht länger ausgeweidet werden.

Im November 2020 eröffnete die EU-Kommission eine zweite Untersuchung gegen Amazon bezüglich des Marketplace. Dabei ging es um das Abonnenten-Programm Prime sowie um die Präsentation von Dritthändler-Angeboten in der sogenannten Buy Box. Der Vorwurf: Die Ausgestaltung der Buy Box bevorzuge Amazons eigene Angebote, und die Prime-Bedingungen bevorzugten Händler, die zusätzlich zum Marketplace auch Logistik und Auslieferung Amazon überlassen. Und das sei schlecht für den Wettbewerb, meint die EU-Kommission.

Amazon gelobt, bei der Auswahl der in der Buy Box angezeigten Angebote alle Händler gleich zu behandeln und dort fortan zwei Angebote gleichwertig zu präsentieren. Voraussetzung ist, dass es zwei konkurrierende Angebote gibt, die sich unterscheiden. Händler können die automatischen Entscheidungen überprüfen lassen.

Was Prime anbelangt, muss der Konzern nicht-diskriminierende Bedingungen für die Zulassung von Dritthändlern an dem Abo-Angebot festlegen und dabei Dritthändlern gestatten, statt Amazons Logistik beliebige andere Versandmethoden zu wählen. Bisher greifen die Prime-Bedingungen nur, wenn Amazon die Zustellung dirigiert. Zwecks gleichwertigen Kundenservices erhalten die konkurrierenden Zusteller die Möglichkeit, die Adressaten direkt zu kontaktieren. Und Amazon darf bei Dritthändlern und deren Logistik- und Zustellpartnern anfallende Daten nicht zur Verbesserung der eigenen Logistik oder Zustellung nutzen.

Der zweite Teil der Verpflichtungen gilt für sieben Jahre, anstatt der von Amazon ursprünglich angebotenen fünf. Ein Treuhänder wird die Einhaltung der Zusagen überwachen. Zudem muss Amazon die Händler über ihre Rechte und Möglichkeiten frühzeitig informieren und eine zentrale Beschwerdestelle einrichten. Juristische Grundlage des Abkommens ist, dass die EU-Kommission festgestellt hat, dass Amazon beherrschende Stellung auf dem französischen, deutschen und spanischen Markt für die Bereitstellung von Online-Marktplatzdiensten für Drittverkäufer hat und diese Marktmacht missbraucht.

(ds)