Analyse: Endlich offenes WLAN!

Seite 2: Aber es gibt doch sicher einen Haken? Netzsperren!

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Obwohl das neue Gesetz eindeutig den Betrieb offener WLAN fördert und erstmals rechtlich weitgehend risikolos ermöglicht, soll doch auch das "Recht am geistigen Eigentum" mit seinem "hohen Wert sowohl in Deutschland als auch in Europa" gewahrt werden. So ganz ungeschützt sollen die Interessen der Rechteinhaber dann doch nicht sein.

Um auch deren Interessen zu berücksichtigen, sieht die Neuregelung des TMG die Einführung von Netzsperren vor. Damit wären diese höchst umstrittenen Maßnahmen zum ersten Mal in einem Gesetz festgelegt. Konkret sieht der neue Paragraf 7 TMG vor, bei Verletzungen des "Rechts am geistigen Eigentum" könne der Rechteinhaber von dem WLAN-Anbieter "die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern".

Diese Sperrung muss allerdings "zumutbar und verhältnismäßig" sein. Ein Anspruch auf Erstattung von vor- und außergerichtlichen Kosten für eine derartige Rechtsdurchsetzung besteht nicht. Anders kann es allerdings mit den Kosten für Gerichtsverhandlungen aussehen, sofern es dazu kommt.

Konkret bedeutet dies, dass ein Rechteinhaber einen WLAN-Betreiber zwar nicht mehr kostenpflichtig abmahnen lassen kann. Er kann von ihm aber Sperren verlangen, sofern der Anbieter bereits einmal dementsprechend aufgefallen ist.

Die FAQ des Wirtschaftsministeriums führt als Voraussetzung dafür zunächst an, dass das WLAN gezielt benutzt wurde, um eine Urheberrechtsverletzung zu begehen. Hierfür müsse eine Wiederholungsgefahr bestehen. Eine Nutzungssperre durch den WLAN-Betreiber dürfe nur das "letzte Mittel" sein. Es darf also keine andere Möglichkeit geben, etwa in Form eines Vorgehens gegen den Hoster oder den eigentlichen Täter.

Schließlich muss die Sperre im konkreten Einzelfall zumutbar und verhältnismäßig sein, wobei auch zu beachten ist, dass sie nicht zu "Overblocking" führt und damit über ihr Ziel hinausschießt.

Die FAQ des BMWi schlägt hierfür eine Blacklist vor, auf der die Seite eintragen werden solle, deren Zugang unterbunden werden soll – und bietet sogar eine Anleitung dazu. Nach der Gesetzesbegründung können für die Netzsperren auch verschiedene andere Maßnahmen in Betracht kommen. Eine Möglichkeit wäre etwa, bestimmte Ports am Router zu sperren, um den Zugang zu Peer-to-Peer Netzwerken zu verhindern. Die jeweils konkret angewandte Maßnahme müsse dazu dienen, eine Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern.

Ja! Das gilt uneingeschränkt für alle WLAN-Anbieter, die ihr Netz im eigenen gewerblichen Umfeld öffnen möchte, also etwa für Cafés, Geschäfte, Wartebereiche oder auch die Verwaltung. Auch Unternehmen, die ihren Mitarbeiter einen mobilen Zugang anbieten wollen, können dies künftig weitgehend risikolos tun.

Auch wer seinen privaten Zugang nunmehr der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen will, hat rechtlich zukünftig gute Karten. Andererseits stellt das "3. Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG)" keinesfalls einen Freibrief zur Verletzung von Urheberrechten aus. Insoweit ist kaum damit zu rechnen, dass die Gerichte auch solche Fälle haftungsrechtlich privilegieren werden, in denen ein WLAN allein durch den Betreiber oder seine Familie zu rechtswidrigen Downloads genutzt werden. (vbr)