Einschlag eines interstellaren Meteoriten soll nur ein Lastwagen gewesen sein

Seit Jahren sorgt ein US-Physiker mit wilden Theorien zu einem angeblichen Meteoriteneinschlag für Aufmerksamkeit. Nun gibt es angeblich eine banale Erklärung.

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Feuerball ĂĽber einem Meer

(Bild: Marko Aliaksandr/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Was angeblich der erste Einschlag eines interstellaren Meteoriten gewesen sein soll, meinen US-Seismologen "fast sicher" mit einem fahrenden Lastwagen erklären zu können. Diese explosive Behauptung will eine Forschungsgruppe um den Seismologen Benjamin Fernando von der Universität Johns Hopkins am kommenden Dienstag untermauern. Dabei dürfte ihnen große Aufmerksamkeit sicher sein.

Das Team um Fernando hat sich mit einem Signal befasst, das automatische Detektoren bereits am 8. Januar 2014 aufgezeichnet hatten. Später hatte es der US-Astrophysiker Amir Siraj in einer Meteoriten-Datenbank der NASA entdeckt. Weil einige der eingesetzten Sensoren aber dem US-Militär gehören und auch zur Suche nach Nukleardetonationen dienen, musste eine Bestätigung jahrelang warten.

Zuerst musste Siraj mit seinem Professor Avi Loeb eine Odyssee durch die Bürokratie absolvieren. Im März 2022 hat die Space Force dann die Analyse der beiden bestätigt und offiziell mitgeteilt, dass die Daten auf den Einschlag eines interstellaren Objekts zurückgehen. Das sei laut Loeb und Siraj zu 99,999 Prozent sicher, hieß es von der Abteilung der US-Streitkräfte damals. Den Wert hat die sich da zwar nicht zu eigen gemacht, die Analyse aber im Grundsatz bestätigt.

Sollte sich die alternative Erklärung der Johns-Hopkins-Forscher für das gemessene Signal bestätigen, könnte das auch der längst angekratzten Reputation des renommierten Harvard-Professors Avi Loeb weiteren Schaden zufügen. Loeb hat auf Basis der ursprünglichen Interpretation eine Expedition zum angeblichen Einschlagsort des außerirdischen Objekts unternommen, wo er mikroskopisch kleine Überreste des Meteoriten gefunden haben will.

Das fragliche Seismometer und die StraĂźe

(Bild: Roberto Molar Candanosa and Benjamin Fernando/Johns Hopkins University, with imagery from CNES/Airbus via Google)

Fernando erklärt nun jedoch, "das Signal ändert mit der Zeit seine Richtung und passt exakt zu einer Straße in der Nähe des Seismometers". Dabei bezieht er sich auf eine Messstation auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus. Der Seismologe gesteht ein, dass es immer ziemlich schwierig sei, ein Signal zu nehmen und zu beweisen, dass es nicht auf etwas Bestimmtes zurückzuführen ist: "Aber was wir können, ist zu zeigen, dass es viele ähnliche Signale gibt, die alle Eigenschaften haben, die wir bei einem Laster und keine, die wir von einem Meteor erwarten würden."

Einen Einschlag hat es dem Team zufolge aber schon gegeben, nur viel weiter entfernt und mit einem ganz anderen Ablauf. Basis fĂĽr Loebs Arbeit sei also nicht nur ein falsches Signal gewesen, nach den Ăśberresten sei auch am falschen Ort gesucht worden: "Was auch immer sie auf dem Meeresgrund gefunden haben, steht in keinem Zusammenhang zu diesem Meteor."

Eine vorab veröffentlichte Fassung der neuen Forschungsarbeit ist online abrufbar. Loeb selbst hat auf seinem Blog bereits Stellung genommen und übt scharfe Kritik. Er wirft dem Forschungsteam um Fernando vor, die Analyse der US-Streitkräfte zu ignorieren. Dass dort arbeitende Forscher sich die Zeit genommen haben, Information von Interesse für die Astronomie zu bestätigen, sollte gewürdigt und nicht ins Lächerliche gezogen werden.

Wer wie Fernando und sein Team die Daten aus dem US-Verteidigungsministerium ignoriere, "sollte unruhig schlafen, weil dieses Misstrauen bedeutet, dass ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist und ihre Steuern für eine unzuverlässige nationale Sicherheitsinfrastruktur verschwendet werden", schreibt Loeb weiter. Auch zu dieser Kritik wird sich das Team am kommenden Dienstag sicher äußern. Loeb gibt sich derweil unbeirrt und kündigt bereits eine weitere Expedition an.

An Loebs Arbeit in Bezug auf den angeblichen interstellaren Meteoriten gibt es schon länger Kritik. Nachdem der behauptet hat, im Pazifischen Ozean Überreste gefunden zu haben, wurde darin ein Lehrbuchbeispiel für sogenannte Bestätigungsfehler ("Confirmation Bias") gesehen. Das Team habe die Daten nur in Bezug zur eigenen Hypothese ausgewertet, aber alternative Erklärungen zu keiner Zeit in Betracht gezogen. Jede einzelne der zehn zentralen Behauptungen falle unter genauer Prüfung zusammen, hatten zwei Experten erklärt.

Loeb hat in der Wissenschaftsgemeinde zuletzt viel Respekt verloren, nachdem er außergewöhnliche astronomische Beobachtungen immer öfter mit außerirdischer Technik erklären wollte. Auch rund um den vermeintlichen interstellaren Meteoriten hat er wiederholt ins Spiel gebracht, dass es sich um ein extraterrestrisches Gerät gehandelt haben könnte. Dafür hat er keinen Beleg vorgelegt.

(mho)