Anhörung über Assanges Auslieferung unterbrochen

Seit Montag kämpft Wikileaks-Sprecher Julian Assange vor einem britischen Gericht gegen seine Auslieferung nach Schweden. Seine Anwälte setzen unter anderem auf die Befragung ehemaliger schwedischer Staatsanwälte.

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Von
  • dpa

Wikileaks-Gründer Julian Assange stemmt sich mit allen Mitteln gegen die drohende Auslieferung nach Schweden. Zum Start einer gerichtlichen Anhörung am Montag in London stellte sein Juristenteam um den Menschenrechtler Geoffrey Robertson und den Staranwalt Mark Stephens eine 35 Seiten starke Verteidigungsstrategie (PDF-Datei) ins Internet. Grundsätzlicher Tenor: Der EU-weite Haftbefehl gegen Assange greift nicht.

In Schweden gibt es keine Anklage gegen Assange, die sei aber für einen solchen Haftbefehl Voraussetzung. Außerdem sei die Göteborger Staatsanwältin Marianne Ny gar nicht die richtige Instanz, einen EU-weiten Haftbefehl voranzutreiben, argumentierte Robertson. Eine ehemalige schwedische Richterin und heutige Juraprofessorin sagte vor Gericht, das Verfahren gegen Assange sei von Anfang an "sonderbar" gewesen.

Die schwedische Justiz hat bisher nur ein Ermittlungsverfahren gegen Assange eingeleitet. Ihm wird vorgeworfen, im August 2010 in Stockholm mit zwei Frauen ungeschützten Sex gehabt zu haben, obwohl beide auf der Benutzung eines Kondoms bestanden hatten. Einer Frau soll er sich genähert haben, als sie noch schlief, was in Schweden als Vergewaltigung ausgelegt werden kann. Der Prozess in London wurde am Montag von einem riesigen Medienaufgebot begleitet. Eine Schar von Assange-Anhängern, darunter die Menschenrechtlerin Bianca Jagger, jubelten dem Australier zu.

Die Anhörung vor dem Belmarsh Magistrates Court soll am Dienstag fortgesetzt werden. Bis eine Entscheidung über die Auslieferung Assanges verkündet wird, könnten aber noch bis zu zehn Tage vergehen. Danach haben beide Seiten die Möglichkeit, Rechtsmittel vor einem Berufungsgericht einzulegen, so dass sich die endgültige Entscheidung noch Wochen oder sogar Monate hinziehen könnte.

Die Assange-Anwälte machen unter anderem geltend, die vorgeworfenen Taten erfüllten nicht die Mindestanforderungen für eine Auslieferung, weil es sich um minderschwere Delikte handele. In Schweden wird der Vergewaltigungsbegriff weiter gefasst als in anderen Ländern. Deshalb kommt es in Schweden zwar sehr häufig zu Ermittlungen wegen Vergewaltigung, aber in den wenigsten Fällen auch zu einer Anklage. Diese liegt auch im Fall Assange bisher nicht vor.

Die Assange-Fraktion befürchtet zudem eine spätere Auslieferung ihres Mandanten in die USA und sogar die Inhaftierung im Straflager Guantanamo auf Kuba. Dies sei von Schweden aus leichter als von Großbritannien. Diese Auffassung wird jedoch nicht von allen Rechtsexperten geteilt. Für eine Auslieferung müsste es zunächst einmal ein Strafverfahren in den USA gegen Assange geben, was bisher nicht der Fall ist.

Am Dienstag wurde mit Spannung die Aussage eines schwedischen Ex-Oberstaatsanwalts als Entlastungszeuge erwartet. Sven-Erik Alhem bestätigte am Montag in der Zeitung Expressen, dass er als "sachverständiger Zeuge" auftreten soll.

Alhem hat das Vorgehen der schwedischen Justiz gegen Assange unter anderem kritisiert, weil die erste mit dem Fall befasste Staatsanwältin den Namen des Australiers umgehend an Medien weitergegeben hatte. Auch die völlig unterschiedliche Behandlung durch drei nacheinander zuständige Staatsanwältinnen hält er für unangemessen: "Wenn ich zuständig gewesen wäre, hätte es einen anderen Verlauf gegeben."

Assange war gegen eine Kaution von 240.000 Pfund (rund 288.000 Euro) von der Haft verschont worden. Er lebt derzeit unter strengen Auflagen bei einem Freund im Südosten Englands. Inzwischen hat er die Regierung seines Heimatlandes Australien aufgefordert, Bedingungen für seine Rückkehr zu schaffen. (vbr)