Anwälte setzen im Telekom-Prozess auf nächste Instanz
Rund 17.000 Anleger verlangen vor dem Oberlandesgericht Frankfurt rund 80 Millionen Euro Schadensersatz für erlittene Kursverluste nach dem dritten Börsengang des früheren Staatsunternehmens und Telefon-Monopolisten.
Im größten deutschen Anlegerprozess gegen die Deutsche Telekom sehen die Anwälte des Musterklägers kaum noch Chancen auf einen Sieg bereits vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. "Wir werden beim OLG verlieren und beim BGH gewinnen", sagte der Tübinger Anlegeranwalt Andreas W. Tilp gegenüber dpa. Vor dem Gericht verlangen rund 17.000 Anleger rund 80 Millionen Euro Schadensersatz für erlittene Kursverluste nach dem dritten Börsengang des früheren Staatsunternehmens.
Er halte es für unwahrscheinlich, dass mit den anstehenden Vernehmungen früherer Manager des übernommenen US-Mobilfunkers VoiceStream ein Fehler im Telekom-Börsenprospekt nachgewiesen werden kann, begründete Tilp seine Einschätzung. Das Gericht hatte bereits zuvor zu erkennen gegeben, dass es die ebenfalls angegriffene Bewertung des Telekom-Immobilienvermögens für rechtlich folgenlos hält.
Nach Tilps Wertung könnte aber genau diese, seiner Auffassung nach rechtswidrige Bewertung der Grundstücke nach Gruppen (Cluster) für den BGH ein Grund sein, die noch ausstehende Frankfurter Entscheidung aufzuheben und zu Gunsten der Aktionäre zu entscheiden. Zudem sei es gelungen, den Vorlagebeschluss um wichtige Themen zu erweitern, mit denen sich das OLG nur kursorisch befasst habe. Weitere Prospektfehler könnten Tilp zufolge verschwiegene Haftungsrisiken der Telekom und fehlende Hinweise auf die Spitzelaffären des Unternehmens sein.
Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Frankfurt will am Monatsende in die USA reisen, um dort noch fehlende Zeugen zu der rund 39 Milliarden Euro teuren Übernahme anzuhören, in deren Folge der Kurs der T-Aktie eingebrochen war. Unter ihnen sind mit John Stanton und Bob Stapleton zwei ehemalige Manager des US-Mobilfunkanbieters VoiceStream, den die Telekom im Jahr 2000 wenige Wochen nach dem umstrittenen dritten Börsengang erworben hatte. Die US-Zeugen hatten zwar ihre grundsätzliche Bereitschaft zu Aussagen erklärt, sich aber geweigert, dafür nach Deutschland zu kommen.
Zum Telekom-Prozess siehe auch:
- Kläger konnten OLG-Richter bislang nicht überzeugen
- Mammut-Prozess um Telekom-Börsengang startet ins neue Jahr
- Verschlusssache VoiceStream
(dpa) / (jk)