Appetitlich-App: Verbraucherzentrale erfreut über Nutzerinteresse

Auf Umwegen kann man in die Küchen von Kneipen und Cafés spähen – zumindest in Duisburg und Bielefeld. Dort werden Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen per App veröffentlicht. Gastwirte zeigen sich wenig begeistert.

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Appetitlich-App: Verbraucherzentrale erfreut über Nutzerinteresse

(Bild: Entwickler)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Ulrike Hofsähs
  • Florentine Dame
  • dpa

Gut ein Jahr nach Einführung der Gastro-Ampel in Bielefeld und Duisburg hat Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) dem Pilotprojekt gute Noten gegeben. Das Vorhaben solle weitergehen und weitere Anwender finden, sagte der Minister am Dienstag in Düsseldorf. Die Offenlegung der amtlichen Kontrollergebnisse von Cafés, Schnellimbissen, Eisdielen, Restaurants und Pensionen schaffe mehr Transparenz und erlaube einen Blick hinter den Vorhang. Das Ministerium förderte das Projekt der Verbraucherzentrale NRW mit rund 178.000 Euro.

Bislang wurde die iOS- und Android-App rund 25.000 Mal heruntergeladen, der Web-Auftritt zählt nach Angabe der Verbraucherschützer 280.000 Klicks. "Es sind beeindruckende Zahlen, die zeigen, dass es ein Bedürfnis gibt", meinte Wolfgang Schuldzinski, Chef der NRW-Verbraucherzentrale. Das Gastronomie-Kontrollbarometer schaffe ein Bewusstsein bei Verbrauchern, dass sie ein Anrecht auf diese Daten hätten, die bei amtlichen Kontrollen erhoben wurden. In Bielefeld und Duisburg klagen aber Dutzende Gastwirte dagegen.

In Duisburg wurden bei Lebensmittelkontrollen die Daten von 769 Betrieben erfasst, in Bielefeld von 497. In der Bewertung wurden sie mit Hilfe der Ampelfarben grün, gelb und rot eingeteilt. Ein "gelb" eingestuftes Restaurant würde er wohl nicht aussuchen, meinte Minister Remmel.

Doch jeweils weit mehr als 90 Prozent kamen in den grünen Bereich: Sie erfüllten die Anforderungen oder zeigten nur geringe Mängel. 16 Gaststätten in Bielefeld sowie 59 in Duisburg wurden gelb eingestuft. Rote Karten wegen schwerwiegender Mängel gab es für zwei Betriebe in Bielefeld und einen in Duisburg.

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in den beiden Städten kritisierte, die sogenannte Ampel sei irreführend und stelle Gastronomen zu Unrecht an den Pranger, statt mehr Transparenz zu schaffen. Zudem seien die Daten oft mehrere Monate alt. Dutzende Gastronomen wollen die Kontrollampel daher stoppen. Mehr als 70 Klagen liegen bei den Verwaltungsgerichten in Minden und Düsseldorf. Entscheidungen gibt es noch nicht.

Die Ampel unterscheide nicht zwischen Hygiene-Mängeln, formalen Fehlern des Gastwirts oder Baumängeln, begründete der Hotelier und Bielefelder Dehoga-Chef Andreas Büscher seine Musterklage. "Es geht uns gar nicht darum, Schmuddelbetriebe zu schützen. Aber in dieser Form entsteht beim Kunden sehr schnell der Eindruck, ein Betrieb sei mangelhaft, nur weil etwa der Kühlraum an der falschen Stelle ist", betonte Büscher. Statt eines solchen missverständlichen Prangers sei es sinnvoller, fundierte Hygieneschulungen für das Personal zur Pflicht zu machen.

Die Bielefelder Gesundheitsdezernentin Anja Ritschel berichtete von positiven Erfahrungen in ihrer Stadt. "Wir beobachten, dass sich die Betriebe sehr viel mehr mit dem Thema Hygiene und unseren Richtlinien auseinandersetzen. Es ist eben doch etwas anderes, ob ich mich dem Amt oder meinem Kunden gegenüber erklären muss", bilanzierte sie. "Allerdings fehlt uns eine verbindliche rechtliche Grundlage, so dass wir einen immensen bürokratischen Aufwand haben", erklärte Ritschel. Betriebe können der Veröffentlichung widersprechen und gegebenenfalls auch vor Gericht ziehen. (lbe)