Apple Watch: Wissenschaftler stören sich an Apples Algorithmus-Änderungen
Herzfrequenz- oder Schlafinfos aus der Computeruhr können so stark variieren, dass Forschungsprojekte tangiert werden, meint ein Harvard-Biostatistik-Experte.
Die Apple Watch dient Forscherinnen und Forschern im Gesundheitsbereich mehr und mehr als Messgerät. So erfassen große Herz-, Alterns- und Schlafstudien biometrische Daten der Uhr über längere Zeiträume, um etwa herauszufinden, ob die Smartwatch dabei helfen kann, Krankheiten rechtzeitig vorherzusagen, beispielsweise eine COVID-19-Infektion, die der Nutzer noch gar nicht wahrgenommen hat.
Eine hohe Varianz aus der "Blackbox"
Wie sich nun zeigt, haben Wissenschaftler mit den Daten aus der Apple Watch ein Problem: Sie schwanken aufgrund von undokumentieren Algorithmus-Änderungen erstaunlich stark. Wie etwa Jukka-Pekka Onnela, Associate Professor für Biostatistik an der T.H. Chan School of Public Health der Harvard University gegenüber dem IT-Blog The Verge sagte, stellt die Software auf den Geräten für die Forscher eine intransparente "Blackbox" dar. Er selbst erwägt daher nun, ob er die Uhr wirklich für eine Untersuchung einsetzen soll. Er hatte im Vorfeld herausgefunden, dass die Herzfrequenzvariabilitätsdaten der Uhr inkonsistent seien. Über einen längeren Zeitpunkt habe sich der Output "ohne Warnung" verändert.
In der Praxis bedeutet dies, dass Apple regelmäßig an seinen Algorithmen schraubt – etwa beim Herzfrequenzsensor, beim Schlaftracking oder dem in der Series 6 erstmals verbauten Blutsauerstoff-Tracker. Den Forschern stehen dabei keine Rohdaten zur Verfügung, sondern nur das, was Apple über seine Schnittstellen anliefert.
Zurück zur Profi-Hardware?
Daten aus dem September 2020 seien deshalb nicht mit denen aus dem April 2021 konsistent, weil dann plötzlich ein neuer Algorithmus verwendet wird. Die Unterschiede seien sehr groß, so Onnela. Das habe ihn überrascht, wie er auch in einem detaillierten Blog-Posting beschreibt. Was für Apple gilt, gilt auch für andere Anbieter von Consumer-Hardware zum Gesundheitstracking, etwa die Google-Tochter Fitbit. Einige Wissenschaftler sind deshalb mittlerweile wieder zur Verwendung von professioneller Hardware zurückgekehrt.
Im Interesse von Apple und Co. kann dies jedoch kaum sein. Der iPhone-Hersteller hat eine eigene Schnittstelle samt SDK für Wissenschaftler namens ResearchKit im Angebot und brüstet sich regelmäßig mit interessanten neuen Studienergebnissen. Die einfache Lösung, die Onnela und seine Kollegen fordern: Zunächst sollten Änderungen der Algorithmen endlich dokumentiert und auch nicht ohne Benachrichtigung von Update zu Update durchgeführt werden. Noch besser wäre natürlich ein direkter Zugriff auf die Rohdaten – doch ob Apple diese "Secret Sauce" freigibt, ist komplett unklar.
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(bsc)