Apple als Gatekeeper: Diese radikalen Änderungen stehen iPhone-Nutzern ins Haus

Die EU hat iOS, App Store und den Browser Safari als "zentrale Plattformdienste" eingestuft. Apple muss sich dadurch massiv öffnen.

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Hand zerquetscht iPhone

(Bild: Nito, stock.adobe.com; Montage: Mac & i)

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Jetzt ist es offiziell: Als "Torwächter" muss Apple dem Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act – DMA) in Europa folgen. Die Europäische Kommission hat zudem bekannt gegeben, was als sogenannte "zentrale Plattformdienste" unter die Regelungen fällt, die für mehr Wettbewerb sorgen sollen. Bei Apple betrifft das bislang das Betriebssystem iOS, den darin fest integrierten App Store sowie den Browser Safari. Apple und den anderen zu Gatekeepern erklärten US-Konzernen bleibt nun ein halbes Jahr, um die Vorgaben des DMA umzusetzen.

Für iPhone-Nutzer zeichnen sich dadurch gravierende Änderungen ab, zumindest in Deutschland und anderen EU-Ländern. Diese muss Apple bis Frühjahr 2024 umsetzen, sie dürften also noch Teil von iOS 17 werden. Der DMA zielt speziell auf den App Store ab: Apple muss den Regeln zufolge künftig andere App-Läden auf dem iPhone dulden, das war bisher undenkbar. Erste Anbieter stehen dafür jedenfalls schon in den Startlöchern. Auch das auf iPhones derzeit nur sehr eingeschränkt mögliche Sideloading von Apps dürfte damit bald Normalität werden. Allerdings gewährt der DMA dem Hersteller, die Sicherheit der Plattform durch bestimmte Vorgaben zu gewährleisten. Wie das praktisch und technisch aussieht, bleibt abzuwarten.

Aber auch strikte App-Store-Vorgaben muss Apple ändern: Der DMA erlaubt es nicht länger, dass Apple seine hauseigene In-App-Kaufschnittstelle als Bezahlungsmittel vorschreibt. In ersten Ländern sind Direktzahlungen in Apps bereits möglich, allerdings pocht Apple auch dort auf seine bis zu 30 Prozent reichende Provision und macht es für Entwickler und App-Anbieter so wenig attraktiv auf andere Bezahlmöglichkeiten zu wechseln. Der Konzern dürfte auch in Europa versuchen, an seiner Provision auf In-App-Käufe festzuhalten.

Das Gesetz über digitale Märkte untersagt Apple zudem, eine Browser-Engine vorzuschreiben, wie es seit jeher in iOS der Fall ist: Alle Browser müssen bisher Apples WebKit im Unterbau nutzen. Browser wie Firefox und Chrome bereiten sich bereits seit Längerem auf die erzwungene Öffnung vor und dürfte in absehbarer Zeit ihre eigenen Engines auf iOS bringen.

Anbieter von Bezahldiensten hoffen außerdem darauf, dass Apple damit die NFC-Schnittstelle auf iPhones umfassend öffnen muss. Derzeit darf nur Apple Pay diese nutzen, um Zahlungen etwa in Geschäften durchzuführen. Insgesamt bricht das Apples sehr kontrolliertes iPhone-Wallet auf, auch in Hinblick etwa auf digitale Personalausweise.

Unklar bleibt vorerst, ob Apple seine Betriebssysteme auch für Hersteller von Accessoires wie True-Wireless-Kopfhörern und Smartwatches öffnen muss. Diese können bislang nur begrenzt oder gar nicht auf Systemfunktionen zugreifen, die AirPods und Apple Watches einen erheblichen Vorteil einräumen.

Der Digital Markets Act sieht auch vor, dass Plattformbetreiber eigene Apps und Dienste nicht bevorzugen dürfen. Apple hat bereits mehrere Schritte unternommen, um solche Vorgaben zu erfüllen, darunter die Löschmöglichkeit für viele vorinstallierte Apps oder die Option, im Sprachassistenzsystem Siri andere Standard-Apps einzurichten, das wird mit iOS 17 auch für Messenger möglich.

Offen ist noch, ob auch iMessage als zentraler Plattformdienst gilt und sich deshalb den Vorgaben zu einer Interoperabilität fügen muss. Apple argumentiert offenbar, dass der Messaging-Dienst in Europa weniger als 45 Millionen Nutzer zählt. Die EU-Kommission will das prüfen.

(lbe)