Apples Ankündigungen versetzen Börsianer nicht in Euphorie

An der New Yorker Börse fiel der Kurs der Apple-Aktie gestern leicht ab. Anscheinend fiel die Keynote von Apple-Chef Steve Jobs zu nüchtern aus.

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"One more thing" hieß es gestern nicht in Steve Jobs' Eröffnungsrede zur Worldwide Developer Conference. Auf die Vorstellung der neuen Rechner und des neuen Betriebssystems Mac OS X 10.5, die von den anwesenden Entwicklern mit Begeisterung aufgenommen wurden, folgte nicht die zumindest von Analysten und Gerüchteschleudern erwartete Ankündigung eines neuen iPod, eines iPod-Telefons oder eines anderen "Gadget", das die Börsianer verzaubert hätte. Jedenfalls schreiben US-Medien den gestrigen leichten Rutsch der Apple-Aktie an der New Yorker Börse um 1,6 Prozent auf 67,21 US-Dollar einer "leichten Enttäuschung" zu – und zwar darüber, dass Apple nicht auch noch eine erwartete Überraschung lieferte.

Eine nicht erwartete Überraschung war für einige Beobachter, dass im neuen Mac Pro nicht Intels Core-2-Duo-Prozessoren steckt, sondern der Dual-Core Xeon 5100 "Woodcrest". Apples Marketing-Chef Phil Schiller erläuterte laut Los Angeles Times, ihr Vorteil sei, dass zwei Xeons miteinander kombiniert werden könnten. Das sei notwendig, da Apple-Kunden den Mac Pro voraussichtlich für rechenintensive Aufgaben wie Videobearbeitung oder wissenschaftliche Zwecke nutzen werden. Diese Kunden könnten nie genug Leistung bekommen.

Dem Kommentator des Magazins Wired ist zunächst ins Auge gefallen, dass der Apple-Chef nicht wie gewöhnlich seine Keynote allein gehalten hat, sondern große Teile dreien seiner Spitzenkräfte überließ. Anders als früher habe es Jobs auch nicht vermocht, Kraft seines Charismas selbst gewöhnliche Produkte als "Technologiewunder" erscheinen zu lassen. Auch die Silicon-Valley-Tageszeitung Mercury News schreibt über ein ihres Erachtens "ereignisarmes" Event, bei dem Jobs in Zahlen vorführte, dass laut IDC die Macs im zweiten Quartal ein größeres Wachstum aufwiesen als Windows-PCs und der Anteil der ausgelieferten Notebooks in den USA von 6 Prozent im Januar auf 12 Prozent im Juni angewachsen seien. Die Mercury News erwähnt, was Jobs anscheinend unterschlug: Dass Apple von Januar bis Februar einen Rückgang seines US-Marktanteils bei Notebooks von 50 Prozent hinzunehmen hatte.

Während so manchen anderen Beobachter der gestrigen Apple-Veranstaltung die Sorge um den womöglich entschwundenen Zauber des Apple-Chefs antreibt, meinen andere Analysten, mit dem neuen Mac OS X alias Leopard hätte Apple durchaus die Chance, Microsoft auf dem Betriebssystem-Markt einige Anteile abzuknapsen. Vor diesem Hintergrund sei der nun angekündigte Erscheinungstermin Frühjahr 2007 enttäuschend, zitiert CNet den IDC-Analysten Bob O'Donnell. Allerdings sei nach der Portierung von Mac OS X auf die Intel-Plattform dieses Jahr nicht realistischerweise mit einem früheren Erscheinungstermin zu rechnen gewesen. Dass Apple das Rennen um den früheren Start dennoch gewinnen könne, kommt für manchen Branchenkenner in Frage, der Gründe genug für die Annahme sieht, Microsoft werde die Herausgabe von Windows Vista noch weiter verzögern.

Steve Jobs zeigte sich laut Medienberichten derweil in Richtung des großen Redmonder Rivalen kämpferisch. Er fragte in das mit gut 4000 Zuschauern besetzte Auditorium, was Microsoft in den vergangenen fünf Jahren eigentlich getan habe, während sein Unternehmen den Umstieg auf Intel-Prozessoren vollziehe und diverse neue Mac-OS-X-Versionen vorgelegt habe. Microsoft gebe 5 Milliarden US-Dollar jährlich für Forschung aus, doch es scheine so, als sei der Konzern dadurch lediglich in der Lage, Google und Apple zu kopieren. Es zeige sich wohl, dass Geld nicht alles ist, schloss Jobs daraus. (anw)