Arbeitsplatzmaschine Chipfabrik: Hoffnungsfunke für Frankfurt

Die im Bau befindliche Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ist für viele die große Hoffnung in der strukturschwachen Region.

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Noch ist die Station Friedenshöhe ein überflüssiger Halt der Straßenbahnlinie 4 in Frankfurt (Oder). Niemand steigt aus. Doch das könnte sich bald ändern. Wo sich heute noch Fuchs und Hase gute Nacht sagen, soll vom Jahre 2003 an eine hochmoderne Chipfabrik rund 1500 Mikrotechnologen, Mechatronikern, Ingenieuren, Top-Managern und Wachleuten Lohn und Brot bieten. Als Arbeitsplatzmaschine ist das Drei-Milliarden-DM-Projekt (ca. 1,53 Milliarden Euro) für viele die große Hoffnung in der strukturschwachen Region.

"Rund 3200 Bewerbungen liegen uns bereits vor", erzählt der Personalchef der Betreibergesellschaft Communicant Semiconductor Technologies, Jürgen Lemke-Kreft. "Wir haben schon die ersten Eingangsbestätigungen verschickt." Die große Zahl Bewerbungen angesichts vieler Unwägbarkeiten mag verwundern. Die Finanzierung des Projekts steht noch auf wackeligen Füssen, Anwohner einer nahe gelegenen Eigenheimsiedlung versuchen, die Fabrik hinterm Haus zu verhindern. Nur einige Raupen und Bagger deuten bisher darauf hin, dass in zwei Jahren direkt neben der Transitautobahn nach Osteuropa einmal im großen Rahmen Hochleistungs-Chips entstehen sollen.

Doch für die Stadt Frankfurt ist das frühzeitige Interesse an den Jobs rund um den High-Tech-Komplex verständlich. Die Stadt verzeichnet eine Arbeitslosenquote von mehr als 18 Prozent, und Prognosen lassen eine düstere Zukunft erwarten. Seit der Wende hat die Gemeinde schon rund 16.000 Einwohner verloren – und der Exodus mit folgendem Wohnungsleerstand und Kaufkraftverlust geht weiter. Besonders hart trifft es die Jungen: Im Juli waren 1214 junge Frankfurter ohne Job.

Da käme de Chipfabrik gerade recht. "Wir wollen auch aus politischen Gründen in Frankfurt ausbilden. Die Jugendlichen sollen aus der Region kommen und auch in der Region bleiben", erklärt Lemke- Kreft. Über die Lehrjahre verteilt, will das Unternehmen rund 100 Auszubildende in vier Berufensparten einstellen: Mikrotechnologen, Mechatroniker, Bürokaufleute und Kaufleute für Bürokommunikation – alles Zukunftsberufe.

Doch noch aus einem anderen Grund hoffen viele auf die Chipfabrik. Vor der Wende war die Stadt an der polnischen Grenze Standort Nummer eins für die Computerindustrie der DDR. Das Halbleiterwerk prägte eine ganze Stadt, gab Tausenden Arbeit. Viele sind später zu Infineon nach Dresden oder zu kleinen Unternehmen in Ostbrandenburg abgewandert. Mit eben diesen Frankfurter Spezialisten liebäugelt die Betreibergesellschaft Communicant Semiconductor Technologies. "Unsere Leute sollen aus der Region kommen", wiederholt der Personalchef die Philosophie des Unternehmens. "Einige kommen vielleicht sogar zurück."

Doch noch ist es nicht so weit. Die Mehrzahl der Chip-Facharbeiter und Maschinenbetreuer – die Mikrotechnologen und Mechatroniker – werden erst zu Produktionsbeginn im ersten Quartal 2003 den Weg in die Werkhallen finden. Derzeit sucht Communicant in der lokalen und überregionalen Presse vor allem "Führungspersönlichkeiten für den Aufbau". Gefragt sind Experten wie "IT Manager for Manufacturing Systems" oder "Project Management Specialist". Rund 250 solcher Fachleute sollen ab Sommer 2002 dafür sorgen, dass die Hoffnungen vieler Frankfurter auf Arbeitsplätze Wirklichkeit werden. (Christian F. Hirsch, dpa) / ()