Arzt siegt vor Gericht: Meta muss deutlich stärker gegen Deepfakes vorgehen
Ein deutsches Gericht sieht Meta bei der Bekämpfung von Deepfakes deutlich stärker in der Pflicht, das dürfte Signalwirkung haben.

(Bild: Skorzewiak/shutterstock.com)
Menschen wie der Mediziner und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen sehen ihr eigenes Gesicht immer wieder in Videos, an denen sie selbst nie mitgewirkt haben. Solche Clips werden auch Deepfakes genannt, sie wurden mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt. Am Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt konnte von Hirschhausen jetzt einen großen Erfolg erzielen: Das Gericht verpflichtete Meta, nicht nur einzelne Postings solcher Videos zu entfernen, sondern auch unaufgefordert alle weiteren Postings, die dasselbe oder ähnliche Videos enthalten.
Als Mediziner kann von Hirschausen ärztlichen Rat geben, als Wissenschaftsjournalist steht er in diversen Medien und bei seinen Vorträgen stark in der Öffentlichkeit – das machte ihn wohl für den Urheber eines Deepfake-Werbevideos für ein Abnehm-Mittel attraktiv. Mithilfe KI generierte der Täter einen Auftritt von Hirschhausen, den es nie gab und in dem Hirschhausen vermeintlich für das Mittel wirbt. Schnell machte der Clip auf Social Media die Runde, wo er weit mehr als einmal gepostet wurde.
(Bild: Dominik Butzmann)
Meta zeigte sich kaum hilfsbereit
Dann begann für von Hirschhausen ein leidiger Weg: Der Facebook-Mutterkonzern Meta entfernte das Video nach einem Hinweis zwar, löschte ein nahezu identisches aber erst nach erneuter Kontaktaufnahme, wie das Medienmagazin Meedia berichtet. In einem Rechtsstreit wollte der Arzt erreichen, dass Meta die Verbreitung sämtlicher inhaltsgleicher Videos unterlässt, scheiterte damit jedoch vor dem Landgericht.
Nun aber gelang es ihm, sein Ansinnen durchzusetzen: In einem Eilverfahren entschied das OLG, dass ein Provider, der über eine Rechteverletzung in Kenntnis gesetzt, abgemahnt oder verklagt worden ist, sich selbsttätig und somit aktiv auch um andere sinngleiche Rechteverletzungen auf seiner Plattform kümmern und diese löschen muss, teilt die Anwaltskanzlei SKW Schwarz mit, welche von Hirschhausen in dem Verfahren vertrat.
Rechtsprechung wie beim "KĂĽnast-Meme"
"Sinngleich" seien dabei etwa Beiträge mit identischem Text und Bild, aber durchaus auch mit abweichender Gestaltung bei Auflösung, Größe, Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern oder ähnlichem, urteilte das Gericht demnach. Auch mit der Änderung typografischer Zeichen oder dem Hinzufügen von Elementen wie Captions, die den Aussagegehalt nicht verändern, bleibe das Stück noch sinngleich. Captions sind kurze Beschreibungstexte, die in einem Social Media-Beitrag enthalten sind oder beigestellt werden.
Mit dem Beschluss setze das OLG Frankfurt die Senatsrechtsprechung zum "KĂĽnast-Meme" fort, berĂĽcksichtige dabei aber auch den zwischenzeitlich in Kraft getretenen Digital Services Act der EU und formuliere erstmalig die genannte "aktive PrĂĽfpflicht", teilt SKW Schwarz mit.
Urteil mit Signalwirkung
Von Hirschhausens Anwalt Götz Schneider-Rothhaar zeigt sich erfreut: "Die Entscheidung ist ein fantastischer Meilenstein und Durchbruch und sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit viel weitergehende Konsequenzen für viele Prominente und andere Rechteinhaber in sämtlichen Kreativbranchen haben", zitiert ihn die Kanzlei. "Weiß ein Serviceprovider zukünftig von einem Deep Fake oder auch von möglichen anderen Rechteverletzungen, kann er wegen sinngleicher Inhalte, die er von seiner Plattform nicht aktiv bereits gelöscht hat, nicht nur kostenpflichtig abgemahnt werden. Die Betroffenen können vielmehr auch direkt klagen, Schadenersatz und gegebenenfalls sogar eine Entschädigung verlangen", erklärt er.
Für die sozialen Plattformen und andere Opfer von Deepfakes könnte das Urteil Signalwirkung haben: "Denn es bieten sich deutlich mehr Chancen, Serviceprovider für Rechteverletzungen konkreter als bisher in Anspruch zu nehmen", sagt Schneider-Rothhaar. Das Urteil kann Meta nicht mehr anfechten.
(nen)