Assanges Berufung gegen Auslieferungsbeschluss veröffentlicht
Im Juni hat die britische Innenministerin die Auslieferung Julian Assanges an die USA genehmigt. Der Australier beruft dagegen.
Julian Assange ergreift sein vielleicht letztes Rechtsmittel gegen die Auslieferung aus Großbritannien an die USA. In der am Donnerstag veröffentlichten Berufung führen seine Anwälte vier Punkte an, wonach sich die britische Innenministerin Priti Patel geirrt hat, als sie den Auslieferungsbeschluss unterzeichnet hat.
Die USA werfen Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Dadurch wurden Kriegsverbrechen von Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika bekannt. Dort droht ihm ein Prozess und eine lange Gefängnisstrafe. Assange beruft sich auf die Pressefreiheit. UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer sieht im Prozess gegen Julian Assange das rechtsstaatliche System versagen und die "Banalität des Bösen" am Werk.
Ursprünglich hatte das zuständige britische Bezirksgericht die Auslieferung Assanges an die USA abgelehnt und die Freilassung des in Auslieferungshaft sitzenden Australiers angeordnet. Dagegen beriefen die USA erfolgreich: Der High Court in London gab grünes Licht für eine Auslieferung, das britische Höchstgericht (Supreme Court) lehnte eine Überprüfung der Auslieferung Assanges ab, und Patel erlaubte im Namen der britischen Regierung die Auslieferung Assanges. Der Mann sitzt weiterhin in Haft, sein Gesundheitszustand soll miserabel sein.
Die vier Argumente Julian Assanges
Am 23. Juni haben Assanges Anwälte binnen offener Frist ein Rechtsmittel ergriffen. Am Donnerstag hat Wikileaks eine Abschrift veröffentlicht. Die vier Berufungsgründe sind kurz gehalten: Da es sich um eine politische Rechtsverletzung handle, verbiete Artikel 4 des Auslieferungsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich die Auslieferung.
Außerdem würden die von USA gemachten Zusagen nicht halten, was die Innenministerin angenommen hätte: Erstens sei Assange nicht vor der Todesstrafe geschützt, zweitens sei er nicht vor Anklagepunkten geschützt, die im Auslieferungsbegehren nicht genannt werden, und drittens sei er nicht vor Verfolgung wegen Missachtung der US-Justiz geschützt. Warum genau diese kolportierten Zusicherungen nicht verlässlich sind, geht aus dem Dokument nicht hervor. Die näheren Ausführungen sollen also erst im weiteren Verfahren folgen.
Ein Jahrzehnt unfreiwillig in London
Von 2012 bis 2019 hat sich der Angeklagte in der Londoner Botschaft Ecuadors der Verhaftung und Auslieferung nach Schweden entzogen. Dort wurde er wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs gesucht. Assange bestritt die Vorwürfe. Weil er fürchtete, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wollte er nur von London aus verhört werden, was wiederum die schwedischen Behörden nicht wollten. 2017 stellten sie die Ermittlungen ein, der europäische Haftbefehl lief 2019 aus. Kurz danach wurden die schwedischen Ermittlungen noch einmal aufgenommen, 2020 stellte Schweden die Ermittlungen gegen Assange erneut ein.
Nach einem Regierungswechsel in Ecuador hat ihn das lateinamerikanische Land am 11. April 2019 vor die Tür der Botschaft gesetzt. Seither sitzt er in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis. Am selben Tag veröffentlichten die USA erstmals ihre Anklage gegen Assange. Bis dahin hatten die USA geplant, Assange aus London zu entführen und sogar seine Ermordung diskutiert, wie Dutzende Ex-Beamte inzwischen verraten haben. Der damalige CIA-Chef Mike Pompeo soll sich besonders darüber geärgert haben, dass Wikileaks Hacking-Werkzeuge der US-Geheimdienste veröffentlichte.
(ds)