Atomkraft in der Ukraine: Raketen treffen Entsorgungsanlage bei Kiew

Erneut wurde in der Ukraine eine Anlage getroffen, in der niedrigradioaktive Stoffe entsorgt werden. Für die IAEA erneut Anlass zur Mahnung zur Vorsicht.

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Bisher liegt keines der aktiven Atomkraftwerke in der Ukraine in einem Kampfgebiet. Hier ein Blick in ein Trainingszentrum des AKW Riwne.

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Im Krieg in der Ukraine ist offenbar eine Entsorgungsanlage für radioaktive Abfälle in der Hauptstadt Kiew von Raketen getroffen worden. Das teilt die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit. Es lägen ihr aber keine Berichte über Schäden an Gebäuden oder Hinweise darauf vor, dass Radioaktivität freigesetzt wurde, sagte IAEA-Generaldirektor Rafael Mariano Grossi.

Die Anlage in Kiew gehört zum ukrainischen Spezialunternehmen Radon. Die Kommunikation zwischen der ukrainischen Atomaufsicht SNRIU dorthin sowie das dortige Strahlungsüberwachungssystem seien wiederhergestellt worden, teilte die IAEA mit. Das Personal der Einrichtung musste zunächst Schutz suchen, habe aber später die Situation einschätzen können, Messergebnisse lägen noch nicht vor.

Kiew ist ebenso umkämpft wie die Stadt Charkiw in der Notostukraine. Dort in der Nähe war am Vortag ebenfalls eine Entsorgungsanlage für radioaktive Abfälle getroffen worden. Solche Einrichtungen enthielten meist stillgelegte radioaktive Quellen und andere niedrigradioaktive Abfälle aus Krankenhäusern und aus der Industrie. Radioaktivität sei nicht freigesetzt worden, hieß es.

"Diese beiden Vorfälle unterstreichen das sehr reale Risiko, dass Einrichtungen mit radioaktivem Material während des Konflikts Schäden erleiden, mit potenziell schwerwiegenden Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt", betonte Grossi. Auch wenn die bisher betroffenen Entsorgungsstätten keine hochradioaktiven Abfälle enthielten, könnten sich diese immer noch schwer radiologisch auswirken. Er appelliere daher nachdrücklich "an alle Parteien, von militärischen oder anderen Maßnahmen abzusehen, die die Sicherheit dieser Einrichtungen gefährden könnten".

In der Ukraine wird in 15 Reaktoren an vier Standorten Strom erzeugt. In Riwne an der belarussischen Grenze und Chmelnyzkyj südlich davon stehen vier beziehungsweise zwei Reaktoren, im AKW Süd-Ukraine drei und in Saporischschja sechs. Laut dem Institute for the Study of War liegen derzeit keine der AKW in Kampfgebieten.

Russische Streitkräfte haben bereits die Kontrolle über das Sperrgebiet des ehemaligen Atomkraftwerks Tschernobyl in der Nordukraine übernommen. Das dort diensthabende Personal habe sich seit dem 24. Februar, dem Tag des Überfalls Russlands, nicht geändert, teilte die ukrainische Aufsicht mit. Der Betrieb der Anlagen in der Sperrzone dürfe in keiner Weise beeinträchtigt oder gestört werden, betonte Grossi.

(anw)