Australien: Big-Tech-Unternehmen sollen fĂĽr journalistische Inhalte zahlen

Betreiber von Social-Media-Plattformen oder Suchmaschinen sollen bald eine gesetzliche Abgabe zahlen, wenn dort Inhalte australischer Medien verbreitet werden.

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Google+ und Facebook

(Bild: Anton Balazh/Shutterstock.com)

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Mit strengen Vorgaben und behördlicher Kontrolle will Australien das erreichen, was andernorts schon mehrfach scheiterte: Per Gesetz will die Regierung Betreiber von großen Suchmaschinen und Social-Media-Plattformen zur Kasse bitten, wenn auf deren Portalen journalistische Inhalte australischer Medien verbreitet werden.

Wie die australische Steuerbehörde mitteilte, plant die Regierung ein entsprechendes neues Gesetz einzuführen, die sogenannte "News Bargaining Incentive". Sinngemäß übersetzt ist das ein "Anreiz zur Verhandlung über nachrichtliche Inhalte", und der soll in erster Linie eine verpflichtende Geldabgabe sein. Sie soll ab 2025 jährlich erfolgen und würde alle Betreiber von Suchmaschinen und sozialen Online-Plattformen betreffen, die in Australien mindestens 250 Millionen Dollar Bruttoumsatz im jeweiligen Geschäftsjahr erwirtschaften. Brisant ist dieses Vorhaben mindestens für Google und Facebook, beziehungsweise ihre Betreiber Alphabet und Meta. Diese hatten in der Vergangenheit schon Vereinbarungen mit einzelnen australischen Medienunternehmen geschlossen.

Australiens Finanzminister Stephen Jones sieht ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Tech-Konzernen und den Medienunternehmen, welches seine Regierung zum Anlass für das neue Gesetz nimmt: Das Publikum journalistischer Inhalte würde diese vielfach über soziale Medien oder Suchmaschinen abrufen. Tech-Unternehmen wie Google oder Meta würden von dieser Entwicklung profitieren, während Produkte klassischer Medienunternehmen wie gedruckte Zeitungen oder eigene Online-Angebote im Nachteil seien, erklärte er in einer Pressemitteilung. In den vergangenen zehn Jahren hat das Marktvolumen des australischen Zeitungsmarktes stark gelitten: Einer Hochrechnung zufolge fiel es von 3,9 Milliarden im Jahr 2014 auf rund 2,4 Milliarden in 2024. Eine umgekehrte Entwicklung verzeichneten Google und Facebook: Laut einem Financial Times-Bericht: Allein von 2013 bis 2019 wuchs der Umsatz beider Plattformen in Summe von rund 500 Millionen australischen Dollar auf rund zwei Milliarden Dollar an.

Allerdings soll sich die Abgabe vermeiden lassen, wenn die jeweiligen Tech-Unternehmen hinter den Plattformen von sich aus Vereinbarungen mit den Medienunternehmen treffen – wie der Name des Gesetzentwurfes schon sagt: Es soll ein Anreiz sein, mit Medienunternehmen über genau solche Vereinbarungen zu verhandeln. Leisten Tech-Unternehmen freiwillige Zahlungen an Medienhäuser, soll das die Zwangsabgabe an die australische Regierung ausgleichen und sie davon entbinden. Die Erlöse aus den Zwangsabgaben wiederum will die Regierung ohne Abzüge an die Medienunternehmen weitergeben. Noch handelt es sich um einen Entwurf, er soll jetzt gemeinsam mit Branchenvertretern finalisiert werden.

Es ist nicht Australiens erster Versuch, Medienunternehmen an den Einnahmen zu beteiligen, die Big-Tech-Unternehmen nach Ansicht der Regierung mithilfe journalistischer Inhalte erzielen. Schon 2021 gab es den "News Media Bargaining Code", der dasselbe Ziel hatte. Meta und Google einigten sich daraufhin mit Rupert Murdochs Medienkonzern News Corp, dem Zeitungsverlag Nine Entertainment und einer Reihe weiterer kleinerer Medienunternehmen. Insgesamt erhielten die Medienhäuser so circa 200 Millionen australische Dollar (circa 130 Millionen US-Dollar) im Jahr dafür, dass ihre Inhalte über Suchmaschinen gefunden und in sozialen Medien verbreitet werden.

Bei dem alten Gesetz konnten sich die Tech-Unternehmen allerdings laut Jones teilweise die Zahlungen umgehen, indem sie die journalistischen Inhalte in ihren Diensten gezielt filterten, sodass diese möglichst selten angezeigt wurden. Meta teilte inzwischen mit, die Abgabe nach dem alten Gesetz in diesem Jahr nicht zu leisten, weil die Nachfrage nach nachrichtlichen Inhalten bei seinen Nutzern viel zu gering sei – als Grundlage nennt der Konzern, dass die Nutzung von Facebook News, einem eigenen Newsfeed der Plattform, um rund 80 Prozent zurückgegangen sei. Diese Begründung wäre mit dem neuen Gesetz nicht mehr möglich, welches die Zahlungen unabhängig von der Nachfrage in den jeweiligen Suchmaschinen und sozialen Plattformen verlangt.

Seit mehr als einem Jahrzehnt versuchen auch Verleger in Europa, USA und Kanada, Technologieplattformen – insbesondere Google – dazu zu bringen, systematisch für die Nutzung von Nachrichten zu bezahlen. Dabei gab es jedoch bisher nur teilweise Erfolg. Die Einführung eines ersten EU-weiten Gesetzes scheiterte 2009 in Brüssel. 2019 verabschiedete die EU ihre Urheberrechtsreform. Auf Basis des darin enthaltenen Leistungsschutzrechts einigte Google sich mit diversen Verlegern auf Zahlungen für die Nutzung von "erweiterten Vorschauen von Nachrichten" – Ausschnitten oder Zusammenfassungen journalistischer Inhalte.

Im November startete Google bei seiner Suchmaschine einen Test, der vermutlich dazu dienen soll, den Status quo infrage zu stellen: In einigen europäischen Ländern – Deutschland ausgenommen – werden Nachrichtenbeiträge, die unter das Leistungsschutzrecht fallen, für ein Prozent der Google-Nutzer herausgefiltert. Damit will Google aufzeigen, wie viel Traffic den Medienhäusern durch den Suchdienst wirklich entgeht.

Kanada scheiterte bereits mit seinem Online News Act, wonach Google und Meta dafür zahlen sollen, dass sie Leser auf Medienberichte hinweisen. Google verlinkte in Kanada kurzerhand nicht mehr auf Nachrichten. Kanadas Regierung gab schließlich nach und reduzierte die sogenannte Linksteuer für Google deutlich. Im US-Bundesstaat Kalifornien wiederum warnte Google gemeinnützige Nachrichtenredaktionen, dass die Verabschiedung eines neuen kalifornischen Gesetzes zur Besteuerung von Online-Werbung die künftigen Investitionen des Konzerns in die US-Nachrichtenbranche gefährden würde. Um das Gesetz abzuwenden, zahlt Google lieber freiwillig Millionen an Verlage. Journalisten nennen den Deal dennoch eine Katastrophe.

Die großen Medienunternehmen Australiens zeigten sich erfreut über die Pläne der Regierung. Michael Miller, Vorstandsvorsitzender von Rupert Murdochs News Corp Australia, sagte laut einem Bericht der Financial Times, die australische Regierung habe gezeigt, dass sie bereit sei, eine Führungsrolle zu übernehmen, wenn es darum gehe, wie Technologieunternehmen in der Gesellschaft agieren sollten. Man werde schnellstmöglich die Verhandlungen mit Meta und TikTok aufnehmen.

Auch Matt Stanton, stellvertretender Geschäftsführer von Nine, dem Herausgeber des Sydney Morning Herald und der Australian Financial Review, begrüßte die neuen Gesetzespläne und sprach von einem "Anreiz" für die Tech-Plattformen. Man arbeite hier ein wenig mit "Zuckerbrot und Peitsche", sagte er dem australischen Radiosender 2GB. Google und Meta wollten laut Financial Times zu den neuen Plänen noch keine Stellung beziehen.

Wenn Australiens Kurs erfolgreich ist, könnten auch die Bestrebungen in anderen Teilen der Welt, Tech-Konzerne für die Verwendung journalistischer Inhalte zur Kasse zu bitten, wieder Fahrt aufnehmen. Versuche wie in Europa oder Kanada, bestehende Regelungen mit Filterungen zu unterwandern, wären mit einem Modell wie dem neuen Gesetz in Australien wahrscheinlich nicht mehr möglich.

(nen)