Australien verbannt Kinder von Social Media – wie sinnvoll ist das?
Kein Social Media fĂĽr alle unter 16, hat das australische Parlament beschlossen. Unter den Kritikern sind neben Tech-Konzernen auch KinderschĂĽtzer.

(Bild: Antonio Guillem/Shutterstock.com)
Nachdem ein Social-Media-Verbot für alle unter 16-Jährigen in Australien beschlossene Sache ist, kritisieren nicht nur betroffene Tech-Konzerne die Entwicklung: Auch Kinderschutz- und Menschenrechtsorganisationen bezweifeln, ob dieser Schritt wirklich wirksamen Schutz verspricht.
Der Beschluss ging im Eilverfahren durchs Parlament – schon wenige Wochen, nachdem die australische Regierung den Entwurf dafür vorgelegt hatte. Erst in letzter Minute kamen wichtige Bestandteile des Gesetzes, wie strengere Vorgaben zum Schutz der Informationen der Nutzer und Nutzerinnen, hinzu. Das Gesetz soll in einem Jahr in Kraft treten. Betroffen wären der Kurznachrichtendienst X, TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit und Instagram. YouTube, Discord oder WhatsApp sind dagegen ausgenommen. Mitte 2025 sollen die Ergebnisse ausgewertet werden.
Tech-Konzerne sind nicht erfreut
Der Meta-Konzern, zu dem Facebook, WhatsApp und Instagram gehören, zeigte sich in einem Statement besorgt über das Verfahren. Die Gesetzgebung sei demnach im Eiltempo durchgedrückt worden, ohne die bereits bestehenden Maßnahmen der Industrie zur Gewährleistung altersgerechter Erfahrungen und die Stimmen junger Menschen angemessen zu berücksichtigen, zitiert ein Guardian-Bericht einen Sprecher.
Der Tech-Milliardär und Besitzer der Plattform X (ehemals Twitter), Elon Musk, sieht in dem Beschluss einen Versuch, den Zugang aller Australier zum Internet zu kontrollieren, schrieb er dort.
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TikTok, das dem chinesischen Unternehmen ByteDance Ltd. gehört, findet die Gesetzgebung laut einem Bloomberg-Bericht "übereilt" und "undurchführbar“. Sie sei mit "unbeantworteten Fragen und ungelösten Bedenken" gespickt. Snapchat-Eigentümer Snap Inc. erinnerte daran, dass frühere internationale Versuche einer umfassenden und obligatorischen Altersüberprüfung gescheitert seien.
All diese Dienste sind häufig mit Vorwürfen konfrontiert: Mobbing, Online-Betrug, oder Cyber-Grooming – der Versuch von potenziellen Sexualstraftätern, online Bindungen zu Minderjährigen aufzubauen – sind nur einige Beispiele. Auch gibt es Fälle von Suizid von Jugendlichen, deren psychische Probleme auf Sozial-Media-Konsum zurückgeführt werden. Der australische Premierminister Anthony Albanese hatte die Wirkung von Online-Netzwerken auf Kinder als "Geißel" bezeichnet. Er wolle, dass sie eine Kindheit haben, betonte er. Soziale Medien würden sie hingegen "von echten Freunden und echten Erfahrungen fernhalten".
UNICEF: Verbot schafft mehr Risiken
Die Kinderschützer von UNICEF halten dagegen wenig von dem allgemeinen Verbot. Hinter diesem neuen Gesetzesvorschlag stehe eine gute Absicht, ein einfaches Verbot des Zugangs zu den sozialen Medien beseitige die Ursachen von Online-Schäden aber nicht, sondern berge in Wirklichkeit noch mehr Risiken, betonte Katie Maskiell von UNICEF Australien.
Kinder könnten demnach schnell auf verdeckte und unregulierte Online-Bereiche ausweichen oder soziale Medien nutzen, ohne dass ihre Eltern davon wissen. Eine offene Kommunikation zwischen Eltern und Kind sei von entscheidender Bedeutung, um Kinder vor Online-Risiken zu schützen.
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UNICEF sieht stattdessen den Technologiesektor und die Regierungen in der Pflicht, die Art und Weise zu ändern, wie soziale Medienplattformen tatsächlich gestaltet sind, um die Sicherheit der Kinder wirklich zu schützen und Schäden zu verringern.
Auch Amnesty International ist nicht begeistert von Australiens Kurs. Es bestehe kein Zweifel, dass die Praktiken von Social-Media-Plattformen den Rechten junger Menschen schaden, aber junge Menschen hätten ebenso ein Recht darauf, sich online auszudrücken und Informationen zu suchen. Soziale Medien böten Kindern und Jugendlichen Vorteile wie Eingliederung, soziale Kontakte und ein Gefühl der Zugehörigkeit, was auch ihre psychische Gesundheit fördern kann, sagte Nikita White von Amnesty International in Australien.
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Zunächst läuft eine einjährige Versuchsphase, in der die betroffenen Plattformen Systeme zur Altersverifikation erproben. Mitte 2025 sollen die Ergebnisse ausgewertet werden. Die neuen Vorgaben sind in keinem anderen demokratischen Land auf der Welt so streng wie in Australien. Auch England plant eine Altersgrenze von 16 Jahren bei der Nutzung von Social Media. In Frankreich wurde 2023 ein Verbot für Kinder unter 15 Jahren verabschiedet, das allerdings mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten umgangen werden kann. Florida hat als erster US-Bundesstaat alle unter 14-Jährigen von Social Media verbannt. Einige weiteren US-Bundesstaaten erlauben die Nutzung nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten.
(nen)