Recht auf Reparatur: EU-Verhandlungsführer will Autos und Fahrräder einbeziehen

Mit günstigeren Ersatzteilen, staatlichen Boni, Ersatzgeräten und zweijähriger Gewährleistungsfrist will der SPD-Abgeordnete René Repasi Reparaturen beflügeln.

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(Bild: PK Studio/Shutterstock.com)

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René Repasi, federführender Berichterstatter des EU-Parlaments zur geplanten Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren, macht sich für umfangreiche Nachbesserungen am einschlägigen Gesetzentwurf der EU-Kommission stark. "Wir müssen umsteuern und weg von Wegwerfprodukten", betonte der SPD-Abgeordnete am Dienstag bei einer Veranstaltung im Europäischen Haus in Berlin. Gefragt seien im Interesse der Kreislaufwirtschaft hochwertige Artikel, "in denen die Reparierbarkeit bereits eingepreist ist".

Die Kommission will mit ihrem Vorschlag das Recht auf Instandsetzung von Geräten wie Fernseher, Staubsauger, Geschirrspüler oder Waschmaschinen erstmals gesetzlich festschreiben. Über die gesetzliche Garantie hinaus sollen Hersteller verpflichtet werden, ein erfasstes Produkt fünf bis zehn Jahre lang nach dem Kauf zu reparieren. Diese Auflage soll nur dann nicht gelten, wenn Waren derart beschädigt sind, dass ein Ausbessern technisch unmöglich ist.

René Repasi

(Bild: Stefan Krempl)

Repasi stellte seine darauf aufbauenden Korrekturansätze, die er Ende Juni dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EU-Parlaments vorlegte, jetzt Verbänden, Bundespolitikern und der Zivilgesellschaft vor. "Wir müssen die Anreize für die Reparatur verbessern", gab er dabei als Parole aus. Momentan konkurriere eine Instandsetzung etwa zwei Jahre lang nach dem Kauf mit einer kostenlosen Ersatzlieferung und im Anschluss mit einem "billigen Neukauf". Der Sozialdemokrat will daher eine zweijährige Gewährleistungsfrist auch ab dem Zeitpunkt einer Reparatur, während diese Vorgabe bislang nur vom Kauf an beziehungsweise mit der Ausstattung des Verbrauchers mit einem neuen Gerät gilt. Dazu kommt derzeit bei Reparaturen ein Jahr Gewährleistungsverlängerung.

Klarstellen will der Baden-Württemberger: "Der Hersteller kann die Verkäuferpflicht zur Reparatur erfüllen." Der Verkäufer bleibe aber dafür zuständig, "dass die Ware ordentlich ist". Bisher gebe es oft ein absurdes Ping-Pong-Spiel, in dem sich Produzent und Händler die Verantwortung für eine defekte Ware und die nötige Nachbesserung zuschöben. Die Verbraucher würden von Pontius zu Pilatus geschickt.

Auch für einen Anspruch des Verbrauchers auf ein Ersatzgerät während laufender Instandsetzungen setzt sich Repasi ein. Ein solcher sei zwar nicht bei allen Produktkategorien praktikabel. Spezial-Anfertigungen etwa müssten außen vor bleiben. Der Jurist schlägt ferner vor, die Liste der Produkte auszuweiten, die repariert werden müssen. Bisher hat die Kommission in einem Anhang vor allem weiße Ware und elektronische Haushaltsartikel aufgeführt. Repasi zufolge sollen etwa auch Fahrräder, Autos und wiederaufladbare Akkus unter das vorgesehene Recht fallen. Das sei aber ein "großer Diskussionspunkt".

Ändern will der Berichterstatter zudem, dass Ersatzteile und Reparaturanleitungen oft prohibitiv teuer sind. Hier drängt er auf marktgerechte, angemessene Preise. Er habe die Formulierung bewusst abstrakt gehalten, da diesen Aspekt nationale Behörden wie das Bundeskartellamt durchsetzen müssten und im Zweifelsfall Strafzahlungen verhängen könnten.

"Jeder in dieser Gesellschaft muss sich eine Reparatur leisten können", lautet eine weitere Maxime Repasis. Für ihn steht damit fest: Der Staat müsse in der ein oder anderen Form "Unterstützungsbeiträge" einführen, was hierzulande auch die Verbraucherschutzminister verlangen. Thüringen, Österreich und Frankreich haben bereits jeweils einen entsprechenden Reparaturbonus eingeführt. Repasi lobte hier vor allem das österreichische Modell, da die zugehörigen Gutscheine dort über den Corona-Fonds der EU finanziert würden. Dies sei richtig, da sie auf die ökologische Transformation und den Green Deal einzahlten. Verbraucherschützer bevorzugen den französischen Ansatz, wonach die Hersteller in einen Reparaturfonds einzahlen.

Eine Vertreterin des Runden Tischs Reparatur gab zu bedenken, dass ein unabhängiger Betrieb derzeit nicht ohne Autorisierung des Herstellers Teile austauschen könne. Repasi sieht hier Fragen "des geistigen Eigentums und der Produktsicherheit" berührt. Zumindest bei "relativ banalen Ersatzteilen", die sich etwa in 3D-Druckern günstig fertigen ließen, sei er dafür, dass "auch Nicht-Originale eingebaut werden können". Dass Handwerksbetriebe zunächst ein verpflichtendes Reparaturformular ausfüllen müssten, betrachte er dagegen "emotionslos": ein Kostenvoranschlag sei Usus, Transparenz wichtig.

Die linke Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg kritisierte, dass Smartphones & Co. oft schon aufgrund des Designs wichtiger Komponenten wie Displays und Akkus schlecht reparierbar seien. Sie forderte zudem, benötigte Software, Papiere und Bauanleitungen als Open Source verfügbar zu machen. Letzteres kann sich Repasi vor allem dann vorstellen, wenn ein Hersteller ein Produkt nicht mehr mit Updates unterstütze. Die Produktgestaltung falle unter die Ökodesign-Vorschriften, die ebenfalls angepasst werden sollen. Es nerve, dass das Recht auf Reparatur in mehreren Rechtsakten mit unterschiedlichen Zuständigkeiten behandelt werde.

Beim Zeitplan zeigte sich der Berichterstatter optimistisch, die Reparatur-Richtlinie noch vor den EU-Neuwahlen im Herbst 2024 ins Trockene zu bringen. Aktuell arbeiteten das Parlament und der Rat an ihren Positionen, die im November stehen könnten. Dann bleibe noch zwei Monate Zeit für die abschließenden Verhandlungen zwischen den beiden gesetzgebenden Gremien und der Kommission. Die letzte Plenarsitzung sei im April. Zuvor müsse das Dossier noch in alle Amtssprachen übersetzt werden.

(bme)