Axel Springer vs. Google: Schlagabtausch zum Leistungsschutzrecht
Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger sei eigentlich "kein großes Ding", meinte Christoph Keese von Axel Springer in einer Diskussion mit Kay Oberbeck von Google Deutschland. Oberbeck betonte, das Gesetz bringe Nutzern und Verlagen nichts.
Das geplante neue Leistungsschutzrecht für Presseverleger sei eigentlich "kein großes Ding", meinte Axel Springers "Außenminister" Christoph Keese in einer Diskussion mit dem Kommunikationschef von Google Deutschland, Kay Oberbeck. Es würde "wie andere eigentumsähnliche Rechte funktionieren", unterstrich der für die öffentliche Beziehungen des Medienkonzerns zuständige Geschäftsführer. Dabei sei etwa das bereits im Urheberrechtsgesetz verankerte Leistungsschutzrecht für Musikverlage und Tonträger "sehr viel breiter". Prinzipiell gehe es um einen Schutz für diejenigen, "die in Inhalte investiert haben". Die Freiheit des Netzes sei nicht bedroht, wie es die Google-Kampagne gegen die Initiative glauben mache.
Den Kern der Diskussion zwischen Suchmaschinen und Nachrichten-Aggregatoren auf der einen sowie den Verlagen auf der anderen Seite sieht Keese in der Frage, wie Rechte im Internet ausgedrückt werden. Traditionell erfolge das durch Verträge, jetzt solle das maschinenlesbar sein. Die derzeit zu diesem Zweck verwendete Datei robots.txt sei aber in die Jahre gekommen und "viel zu holzschnittartig". Man könne damit nur sagen: "Frei für alle oder eben nicht." Die Verlage wollten aber etwa auch zum Ausdruck bringen: "Ich erlaube einen Auszug von 300 oder 30 Zeilen kostenlos." Ferner müsse etwa transportierbar sein, wer hinter einem Inhalt stehe und ob dieser an Dritte weitergegeben werden dürfe.
Im Vorfeld hatte der Springer-Lobbyist Google in einem Interview noch als "eine Art Taliban" bezeichnet, da sich der Suchmaschinenriese gegen jede Art von Fortschritt bei der Fortentwicklung von robot.txt wehre. Kurz vor der Auseinandersetzung im "BASE_camp" mit Oberbeck war Keese aber zurückgerudert. Das Zitat sei verkürzt wiedergegeben worden, die Formulierung "unglücklich gewählt" gewesen, schrieb er in seinem Blog. Vor Ort führte er aus, dass "wir wahrscheinlich keinen Konflikt mehr hätten", wenn es die gewünschte Form zum Ausdruck von Rechten gewerblicher Nutzer an Presseerzeugnissen bereits gäbe.
Dass Keese mit seinen Anmerkungen zur robots.txt nicht mehr auf dem neuesten Stand ist, hatte der Medienjournalist Stefan Niggemeier bereits vor einiger Zeit ausgeführt. Googles Oberbeck betonte nun, es handele sich bei der traditionellen Anweisungsdatei an Webcrawler nicht um einen Lichtschalter, den man nur an oder aus knipsen könne. Vielmehr verberge sich dahinter ein "Dimmer". Mit diesem sei "sehr granular" einstellbar, "welche Inhalte man in einer Suchmaschine einsehen kann oder nicht". Zudem bauten Verlage wie Springer bereits Metadaten in ihre Texte ein, um etwa den Rechteinhaber auszuweisen. "Holzschnittartige Vergleiche" brächten die Diskussion nicht weiter.
Für den Google-Sprecher lässt der aktuelle Regierungsentwurf nach wie vor offen, was der Schutzgegenstand sei und welche "Bären" damit erlegt werden sollten. Das Gesetz bringe Nutzern und Verlagen nichts. Es gebe andere juristische und technische Lösungen, die es unnötig machten. Der Suchanbieter selbst mache sich Gedanken, wie redaktionelle Inhalte noch besser gefunden werden könnten. Er leite schon jetzt millionenfach "Kunden" an die Verlage weiter. Eine von Google entwickelte Bezahllösung hätten diese aber "leider nicht implementiert".
Zugleich betonte Oberbeck, dass die umstrittene Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht "beleibe nicht gestoppt" werde, sondern als "wichtiger Denkanstoß" weiter gehe. Er verwies auch auf die "breite Kritik" an dem gesetzgeberischen Vorhaben etwa von den Jugendorganisationen aller Parteien oder führender Urheberrechtler unter Einschluss des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüterrecht, die sich in den Zeitungen kaum widergespiegelt habe und von den Befürwortern des geplanten Schutzrechts ignoriert würde.
Keese kündigte an, beizeiten noch auf die Stellungnahme der Rechtsexperten antworten zu wollen. Die "Wortmeldung aus dem Elfenbeinturm" enthalte "entscheidende handwerkliche Fehler".
Ein "gut gemachtes Angebot wie Google News" bietet den Nutzern dem Verlagsvertreter zufolge nur noch wenig Veranlassung, auf die Links zu klicken. Derartige Seiten stellten aber nur einen "Spezial- und Unterfall" der Misere dar. Im Blick hätten die Herausgeber vielmehr "gewerbliche Kopisten" und Piratenseiten. Auch Aggregatoren hätten sich einen "Riesen-Markt" erschlossen. Sie böten Firmen etwa Zusammenstellungen in Echtzeit an, was über diese gerade im Netz geschrieben werde. Hier hätten die Verleger oft nicht von allen Autoren die zu einem juristischen Vorgehen nötigen Rechte einschließlich Klagebefugnis in der Hand.
Der Ruf nach dem Staat darf laut Keese nicht als Subventionswunsch verstanden werden. Gefordert werde vielmehr ein Rahmen rund um "eigentumsähnliche Rechte", in dem die Verleger dann "marktwirtschaftliche Lösungen" finden wollten. Schon jetzt liefen "mit einer Reihe von Aggregatoren" interessante Gespräche über Lizenzgebühren. Die Öffentlichkeit sei aber nicht der richtige Ort, um diese breitzutreten. Klar sei aber: "Das Letzte, was wir wollen, ist High Noon und wer zuletzt zieht, hat verloren." Drohungen in Richtung Sperren oder Boykott habe es von beiden Seiten aus noch nicht gegeben. (jo)