BGH: Reiseportale dürfen Kunden keine Versicherung aufdrängen

Der Bundesgerichtshof hat nach Klage von Verbraucherschützern klargestellt, dass Online-Anbieter ihren Kunden die freie Entscheidung für oder gegen eine Reiseversicherung lassen müssen und Zusatzkosten nicht verschleiern dürfen.

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BGH: Reiseportale dürfen Kunden keine Versicherung aufdrängen
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Wer schon mal einen Flug oder einen Pauschalurlaub online gebucht hat, kann ein Lied davon singen: Bei vielen Reiseportalen muss man sich erst durch einen Dschungel an gut versteckten Bestätigungen klicken, dass man wirklich keine zusätzliche, mit weiteren Kosten verbundene Reiseversicherung abschließen möchte. Wer auf die ins Auge stechenden Buttons drückt, hat die potenzielle Schutzleistung schon mit im Paket. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Praxis nun untersagt, da sie ihm zufolge gegen die europäische Luftverkehrsdienste-Verordnung verstößt.

Konkret geht es in dem im Herbst entschiedenen Fall, zu dem nun das Urteil mit Begründung vorliegt (Az.: I ZR 160/15), um eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen die in London ansässige Betreiberfirma der Plattform opodo.de. Der BGH bestätigte mit dem Beschluss die Entscheidungen der niederen Berliner Instanzen, wonach die Voreinstellungen des Anbieters Kunden eine Reiseversicherung aufdrängten und rechtswidrig waren. Der Buchungsvorgang erfüllte den Karlsruher Richtern zufolge nicht die Voraussetzungen einer klaren, transparenten und eindeutigen Mitteilung über Zusatzkosten.

Kunden, die keine Reiseversicherung wollen, mussten auf opodo.de bislang bestätigen, dass sie "ausdrücklich auf den angebotenen Versicherungsschutz" verzichten und "im Notfall alle Kosten selbst" zahlen. Bei einer weiteren Warnung war grafisch und farblich hervorgehoben: "Ich möchte abgesichert sein." Dieses Feld fiel erheblich deutlicher ins Auge als der danebenstehende, nur unterstrichene Satz "Weiter ohne Versicherung". Kerstin Hoppe, Rechtsexpertin beim vzbv, betont: "Der Buchende sollte offenbar dazu verleitet werden, eine Versicherung abzuschließen. Das ist nicht tragbar."

Der BGH kassierte ferner den Aufschlag einer Servicepauschale auf dem Portal, die bei Auswahl bestimmter Zahlungsmittel fällig wurde. Nur Kunden, die mit einer bestimmten Kreditkarte zahlten, mussten nicht mehr zahlen. Trotzdem zeigte die Trefferliste zunächst automatisch die niedrigen, nur für diesen Variante geltenden Kosten an. Nach Ansicht der Richter war damit ein "effektiver Preisvergleich nicht möglich". Dem Käufer müssten alle Steuern, Gebühren, Zuschläge oder sonstigen Entgelte angezeigt werden, "die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind". Zuvor hatte der vzbz unter anderem bereits gerichtlich durchgesetzt, dass der Leipziger Reiseanbieter Unister auf seiner Seite fluege.de Nutzern nicht irreführend einen Versicherungsabschluss andrehen darf. (jo)