BMI: Transparenzgesetz "Privatsache" der Ministerin

Nach gut drei Jahren liegt kein Entwurf für das versprochene Bundestransparenzgesetz vor. Die verantwortliche Ministerin lässt das zur "Privatsache" erklären.

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Krankenhausflur

(Bild: Grayscvle/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tim Gerber

Man wolle "durch mehr Transparenz unsere Demokratie stärken", heißt gleich auf Seite 9 des insgesamt knapp 150 Seiten umfassenden Koalitionsvertrages (PDF) der Ampel von 2021: "Uns leiten die Prinzipien offenen Regierungshandelns – Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit." Zu diesem Zweck wollte man unter anderem die bestehenden Informationsgesetze des Bundes (IFG, UIG und VIG) in einem Bundestransparenzgesetz zusammenfassen und dabei diese in Jahre gekommenen Gesetze reformieren. Und statt wie bisher nur auf Antrag Einzelner Informationen herauszugeben, sollen die Behörden mit einem nach dem Vorbild Hamburgs modernisierten Gesetz künftig ihre Akten proaktiv ins Netz stellen.

Doch aus den schönen Plänen wird vermutlich nichts. Denn noch immer sitzen im Beamtenapparat des für die Erarbeitung eines Regierungsentwurfs federführenden Bundesinnenministeriums (BMI) offenbar einflussreiche Gegner von Behördentransparenz. Sie behinderten schon die Entstehung des von der rot-grünen Koalition unter Kanzler Gerhard Schröder ab 1998 geplanten Informationsfreiheitsgesetzes. Der Entwurf wurde einfach nie fertig. Schlussendlich brachten einige Abgeordnete von SPD und Grünen mit Unterstützung der damals oppositionellen FDP-Fraktion 2005 einen eigenen Parlamentsentwurf ein, sodass das IFG Anfang 2006 als letztes Projekt der rot-grünen Koalition in Kraft treten konnte.

Aktuell zeichnet sich ein ähnliches Desaster ab, zumal sich Anzeichen für ein mögliches vorzeitiges Ende der Koalition mehren. Der Referentenentwurf, der eigentlich schon 2023 vorliegen sollte, ist noch immer nicht in Sicht. Nachfragen zu dem Projekt beantwortet das Ministerium ausweichend. Journalisten, die sich gar nach dem persönlichen Interesse von Ministerin Nancy Faeser (SPD) erkundigen und etwa wissen wollen, wann sie zuletzt bei dem ihrer Leitung unterstehenden Beamtenapparat nachgefragt hat, sehen sich ihrerseits Vorwürfen durch das Ministerium ausgesetzt: Die versuchte Beobachtung des Ministerinnenverhaltens sei "übergriffig und verletzt zum einen die Privatsphäre unserer Behördenleiterin", heißt es in einer internen Stellungnahme des Justiziariats an einen Sprecher des Ministeriums zu einer Anfrage des Magazins c’t, die heise online vorliegt. Nähere Auskunft zu der Frage, wann sich die Ministerin zuletzt nach den Arbeiten erkundigt hat, wollte das BMI denn auch nicht erteilen.

Wann sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser in ihrer Behörde nach dem Stand der Arbeit an einem Gesetz erkundigt, erklärt ihre Rechtsabteilung zur Privatangelegenheit.

(Bild: Peter Jülich, bmi.bund)

Die Ministerin sei zuletzt Mitte September mit der Sache "befasst" gewesen, teilte der Behördensprecher mit. Worin genau die Befassung Faesers mit dem von ihr zu verantwortenden Gesetzentwurf bestanden haben soll, will ihr Ministerium nicht verraten. "Aus dem Unterrichtungsverhalten zur Erarbeitung eines bestimmten, nicht in der aktuellen politischen Diskussion problematisierten Gesetzentwurfs auf das materielle Interesse der Ministerin ... zu schließen, kann deshalb nur zu unzutreffenden fake news führen, an deren Entstehung sich das BMI nicht durch Detailauskünfte zum Verhalten der Behördenleiterin beteiligt", schreibt ihre Rechtsabteilung an das Pressereferat.

Dass der fehlende Gesetzentwurf aktuell nicht in der politischen Diskussion sei, ist allerdings eindeutig falsch. So hatte sich wegen der anhaltenden Verzögerung des Regierungsvorhabens bereits im April ein "Bündnis Transparenzgesetz" aus insgesamt zehn zivilgesellschaftlichen Organisationen formiert und das Ministerium in einer Petition aufgefordert, das im Koalitionsvertrag versprochene Bundestransparenzgesetz endlich zu realisieren. Zu dem Bündnis gehören etwa abgeordnetenwatch.de, die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit, der Deutsche Journalisten-Verband, FragDenStaat, LobbyControl, Netzwerk Recherche, Transparency International Deutschland und Wikimedia Deutschland. Innerhalb weniger Wochen verzeichnete der Appell auf einer einschlägigen Online-Plattform über 50.000 Unterstützerunterschriften.

(tig)