BSI erlässt Übergangsregel für Smart-Meter-Einbau
Nachdem ein Gericht die Einbaupflicht für intelligente Stromzähler kippte, hat das BSI auf anderem Wege vier Geräte für anwendbar erklärt.
Auf Grundlage einer neuen Verwaltungsanordnung können vorhandene Smart-Meter-Gateways weiterbetrieben und neue installiert werden. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine gerichtlich kassierte Verfügung von Februar 2020 zurückgenommen und durch eine ähnliche Übergangsvorgabe ersetzt. Im März 2021 hatte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) die Pflicht zum Einbau intelligenter Stromzähler im Eilverfahren zunächst gestoppt.
In dem Rechtsstreit geht es vor allem um die Interoperabilität der vier Smart-Meter-Modelle, die das BSI bis 2020 zertifiziert hat. Dabei handelt es sich um Geräte von EMH Metering, Power Plus Communications (PPC), Sagemcom Dr. Neuhaus und der Theben AG. Eine "Allgemeinverfügung" der Bonner Behörde hatte die Pflicht ausgelöst, Messstellen dieser vier Hersteller einzubauen. Dagegen klagte ein Wettbewerber aus Aachen und erhielt vor dem OVG im vorläufigen Verfahren Recht. Dieses urteilte, die vier Gateways seien nicht vorschriftsgemäß auf geltende Anforderungen zum technischen Zusammenspiel mit anderen Systemen hin überprüft worden.
Neue Verfügung des BSI
Das BSI hat nun eine neue Verfügung erlassen. Darin stellt es auf Basis von Paragraf 19 Messstellenbetriebsgesetz fest, dass der Einsatz der einschlägigen Produkte von PPC, EMH und Theben "nicht mit unverhältnismäßigen Gefahren verbunden ist und die betroffenen intelligenten Messsysteme über gültige Zertifikate" über die Interoperabilität verfügen. Dies gilt prinzipiell auch für den Smarty IQ von Sagemcom Dr. Neuhaus – allerdings unter der Maßgabe, dass das erforderliche Zertifikat "innerhalb von zwölf Monaten vorliegen" wird. Zugleich ordnete die Behörde die "sofortige Vollziehung" der Ersatzverfügung an.
Im Dezember und Januar hatte das BSI bereits die nötigen Bescheinigungen für die SMGWs von PPC, EMH und Theben erteilt. Sie hätten "in den jeweiligen Konformitätsbewertungsverfahren mit hoher Prüftiefe nachweisen" können, dass sie den Anforderungen aus der einschlägigen Technischen Richtlinie BSI-TR-03109-1 genügen, hieß es damals. Eine unabhängige Stelle habe dies bestätigt.
Diese Zertifizierung erfolge zusätzlich zum grundlegenden Sicherheitscheck, erläuterte das Amt zugleich: "Das SMGW als zentrale Kommunikationseinheit des intelligenten Messsystems muss die gesetzlichen Mindestanforderungen aus dem Messstellenbetriebsgesetz erfüllen. Während die Einhaltung von IT-Sicherheitsvorgaben in der Common-Criteria-Zertifizierung validiert wird, erfolgt in der TR-Zertifizierung der Nachweis über die Interoperabilität der SMGW." Demnach würden etwa die nötigen Funktionen für die Tarifierung von Messwerten sowie die Interaktionen mit anderen Mitspielern im intelligenten Stromnetz wie dem Anschlussnutzer und dem Gateway-Administrator an den Schnittstellen der Geräte bereitgestellt.
Im Interesse der Energiewende
Mit der neuen Entscheidung sieht das BSI "die Verlässlichkeit des Infrastruktur-Rollout im Interesse der Energiewende" gestärkt. Es wäre unverhältnismäßig, den Einbau und die Weiternutzung zu untersagen oder zu stoppen, da die bereits im Markt befindliche CC-zertifizierte Technik ein hohes und nochmals durch das BSI festgestelltes Sicherheitsniveau erreicht habe. Über Software-Updates sei sichergestellt, dass die Module "auf das gesetzlich erforderliche Maß an Interoperabilität angehoben werden" könnten.
Der Entscheidung sei "ein intensiver Abstimmungsprozess" vorausgegangen, "um für die beteiligten Akteure nach der Entscheidung durch das OVG zeitnah Rechtssicherheit wiederherzustellen", beteuert das BSI. Dabei sei gemeinsam ein Maßnahmenbündel erarbeitet worden, das neben der bereits erfolgten Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes auch die stufenweise Weiterentwicklung der technischen Standards vorsehe. Dazu sei "in kürzester Zeit" die TR mit Fokus auf funktionale Interoperabilität überarbeitet worden. Parallel habe man ein formales Konformitätsverfahren etabliert.
Smart-Meter-Gateways sind vorgeschrieben für Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von über 6000 kWh, was durchschnittlich mit fünf oder mehr Personen erreicht sein dürfte. Verpflichtend ist der Smart-Meter-Einbau auch für Solarpanels mit einer installierten Leistung zwischen 7 und 100 kW oder wenn Verbraucher ein verringertes Netzentgelt für eine Wärmepumpe oder eine Nachtspeicherheizung zahlen beziehungsweise über eigene Ladepunkte für E-Autos verfügen.
Im vorigen Jahr verfügten hierzulande laut einer Studie 17 Prozent der Bevölkerung über Smart Meter. Intelligente Stromzähler und die zugehörigen Schnittstellen gelten als Schlüsselkomponente für die Kontrolle und Abrechnung einschlägiger dezentraler Flexibilitätsoptionen wie etwa Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach. Laut den Forschern benötigt Deutschland dringend mehr Ressourcen, um die Flexibilität des Strommarkts zu erhöhen und so die Ziele der Energiewende zu erreichen. Dezentrale Techniken, für die Smart Meter entscheidend seien, spielten dabei eine wichtige Rolle.
Der Bundestag hatte voriges Jahr bereits mit dem Klimaschutzpaket versucht, mehr Rechtssicherheit für den SMGW-Einbau zu schaffen. Daten aus solchen Messgeräten sollen demnach nur noch direkt an die berechtigten Stellen übertragen werden, soweit das BSI dies als technisch möglich bewertet und die Bundesnetzagentur das Verfahren gebilligt hat.
(olb)