BVG schafft Barzahlung in Bussen ab

Abschied vom Kleingeld in den Berliner Omnibussen. Demnächst sind dort Tickets nur noch bargeldlos erhältlich. Fahrgäste haben andere Möglichkeiten.​

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eCitaro fĂĽr die BVG von Daimler Buses

Mercedes eCitaro fĂĽr die BVG von Daimler Buses.

(Bild: Daimler Buses)

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  • dpa
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In Berliner Omnibussen können Fahrgäste Tickets ab dem 1. September nur noch bargeldlos kaufen. Das kündigten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) an und begründete das mit einem geänderten Kaufverhalten der Menschen. Demnach steigen rund 99 Prozent der Kundinnen und Kunden inzwischen ohnehin mit einem gültigen Fahrschein ein. Durchschnittlich bezahlen Fahrgäste laut BVG mittlerweile nur noch drei Tickets pro Tag und Bus mit Bargeld.

Die Entscheidung entlastet die Busfahrerinnen und Busfahrer nach Einschätzung der BVG enorm. Für sie falle die Kassenabrechnung und das Mitführen von Bargeld weg. Angesichts des Personalmangels wertet die BVG dies als wichtiges Zeichen an die Beschäftigten. Auch für Fahrgäste soll es unkomplizierter und schneller gehen. Wer kein Deutschlandticket, Berlin-Abo oder andere Zeitkarten hat und sein Ticket nicht per App oder zuvor am Automaten kauft, kann beim Busfahrer mit Giro- und Kreditkarten oder digitalen Diensten wie Apple Pay und Google Pay zahlen. Dafür gibt es aber auch eine wiederaufladbare BVG-Guthabenkarte. Diese wird in den BVG-Kundenzentren und 900 Lotto-Annahmestellen angeboten. Geplant ist zudem ein Vertriebsnetz mit neuen Kooperationspartnern wie Spätis, Einzelhändlern und Tankstellen.

Die Senatsverwaltung für Mobilität und Verkehr hält den Schritt für richtig. "Wir haben das genehmigt, weil wir das für eine vernünftige Lösung halten", sagt Sprecherin Petra Nelken. In den Bussen kauften kaum noch Menschen einen Fahrschein mit Bargeld. Die neue Regelung sei eine Entlastung für die Fahrerinnen und Fahrer wie auch für die Fahrgäste.

Kritik kommt aus dem Abgeordnetenhaus von Linken und AfD. "Es gibt nach wie vor Menschen, die aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen oder wegen ihres Alters nicht mit Girokarte oder Smartphone zahlen können oder wollen", gibt der Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg zu bedenken. "Wer will, dass Busfahrerinnen und Busfahrer nicht mehr mit Bargeld hantieren müssen, um sie zu entlasten, sollte daher für ein flächendeckendes Netz an Verkaufsstellen und Automaten für Tickets sorgen."

Ähnlich argumentiert der AfD-Verkehrspolitiker Rolf Wiedenhaupt. "Mit der Abschaffung der Barzahlung in Bussen werden hauptsächlich alte Menschen, aber auch Touristen und Spontanfahrer benachteiligt", sagte er. "Außerdem ist sie ein weiterer Schritt hin zur vollständigen Abschaffung des Bargelds, die die AfD kategorisch ablehnt." Die Barzahlung in Bussen müsse möglich bleiben. "Wenn die BVG die Busfahrer entlasten will, muss sie die Busse zumindest mit kleinen Fahrscheinautomaten ausstatten, damit die Fahrgäste ihre Tickets auch weiterhin bar bezahlen können."

Der CDU-Verkehrspolitiker Johannes Kraft hält die Argumentation der BVG für schlüssig und die Entscheidung in Abwägung der Vor- und Nachteile für nachvollziehbar. "Ich hätte mir aber mehr Vorlaufzeit gewünscht, eine Ankündigung vier Wochen vorher ist schon recht kurzfristig", sagte er. Zudem dringt Kraft auf eine "proaktive Kommunikation" der BVG zu der Neuerung. "Ab heute muss jeder Fahrgast, der im Bus ein Ticket bar kauft, vom Fahrer darauf hingewiesen werden", forderte er. "Und ich erwarte eine Kulanzregelung ab dem 1. September." Denkbar sei etwa, Fahrgäste, die bar bezahlen wollten, ausnahmsweise auch so mitzunehmen und ihnen gleich eine BVG-Guthabenkarte zum Aufladen mitzugeben.

Auch für die SPD-Politikerin Linda Vierecke ist der Schritt der BVG nachvollziehbar und im Sinne der Beschäftigten. Gleichzeitig müsse weiterhin die Möglichkeit bestehen, dass Fahrkarten in Kundenzentren, an Ticketautomaten oder in anderen Verkaufsstellen mit Bargeld erworben werden können. "So ist sichergestellt, dass auch wirklich alle Menschen in Berlin sicher und gut mit dem öffentlichen Nahverkehr an ihr Ziel kommen."

Die Sprecherin für Verkehrspolitik der Grünen-Fraktion, Antje Kapek, hält die neue Regel ebenfalls für richtig. "Der Busbetrieb fährt seit Monaten am Limit. Die Bargeldzahlung hier abzuschaffen, ist folglich mehr als überfällig." Dies spare Zeit und Nerven und entlaste damit die Fahrerinnen und Fahrer. "In Städten wie London ist dies bereits seit Jahren problemlos Praxis. Aber natürlich braucht es für den Übergang Unterstützung für den Umstieg."

Die BVG versicherte, ihre Fahrgäste in den kommenden Wochen umfangreich über die Änderung zu informieren. Dies soll unter anderem über die unterschiedlichsten digitalen Anzeigetafeln, auf der Webseite BVG.de, in sozialen Medien, der BVG-App, in Bussen und Kundenzentren passieren.

Während der Coronapandemie verbannten die BVG schon 2020 mal Bargeld eine Zeit lang aus dem Bus. Anfang 2023 wurde diese Bezahlmöglichkeit aber wieder eingeführt. Momentan hat die BVG nach eigenen Angaben rund 1,2 Millionen Abonnenten. Insgesamt nutzen demnach rund 1,8 Millionen Berlinerinnen und Berliner Zeitkarten. Seit Einführung des 49-Euro-Deutschland-Tickets bringen laut BVG auch viele Berlin-Besucher ihren Fahrschein bereits mit. Und 95 Prozent der Gelegenheitskunden kaufen ihr Ticket an Verkaufsstellen, Automaten oder per App – also nicht im Bus.

(fpi)