Bangladesch: Fünf Todesurteile für Ermordung eines Bloggers

5 Todesstrafen gibt es für die Ermordung Avijit Roys. Ein Verdächtiger wurde bereits 2016 erschossen. Dazu kommen 8 Todesstrafen für den Mord an Roys Verleger.

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Völig weißer Grabstein ohne Inschrift

Symbolbild

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Fünf Todesurteile für die Ermordung des Bloggers Avijit Roy, acht Todesurteile für die Ermordung seines Verlegers Faisal Arefin Dipan. Über diese Gerichtsentscheidungen aus Bangladesch berichtet die BBC. Roy war im Februar 2015 in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka brutal auf offener Straße ermordet worden, seine Frau überlebte schwer verletzt. Im Oktober des selben Jahres wurde Dipan (auch: Deepan) in seinem Büro ermordet.

Der des Mordes an Roy Hauptverdächtige ist bereits 2016 bei einem Feuergefecht mit der Polizei ums Leben gekommen. Angeklagt waren sechs Mittäter. Eine Person erhielt lebenslänglich, die anderen fünf wurden zum Tode durch Erhängen verurteilt. Ihre Anwälte werden laut BBC-Bericht gegen das Urteil berufen. Zwei der zum Tode Verurteilten sind auf der Flucht. Einer der Flüchtigen, ein ehemaliger Militäroffizier des Landes, ist bereits vergangene Woche gemeinsam mit sieben Mittätern für den Mord an Dipan zum Tod verurteilt worden.

Roys Frau Rafida Bonya Ahmed, die den Mordanschlag schwer verletzt überlebt hat, kritisiert angesichts der Urteile die Behörden Bangladeschs: "In den sechs Jahren hat sich nicht ein einziger Ermittler mit mir in Verbindung gesetzt, obwohl ich direkte Zeugin und Opfer der Attacke bin", schreibt Ahmed auf Facebook. Die Behauptung des Staatsanwalts, sie habe sich der Zeugenaussage verweigert, sei eine Lüge, die Geldgeber der Mordwelle blieben unbehelligt. "Einfach ein paar Fußsoldaten anzuklagen – und den Aufschwung von Extremismus sowie seine Wurzeln zu ignorieren – bringt keine Gerechtigkeit für Avis Tod."

Den Erkenntnissen des Gerichts zu Folge sind die Verurteilten Mitglieder einer der Al-Qaida nahestehenden islamistischen Verbrecherbande. In ihrer Propaganda stellt die Bande ihre Opfer als Atheisten und Gotteslästerer dar, was als "Verbrechen gegen den Islam" deren Ermordung rechtfertige.

Roy, der in den USA lebte, hatte sich in seinem Blog unter anderem für die Rechte Homosexueller stark gemacht. Die Ermordung des Bloggers in Bangladesch löste damals internationales Entsetzen aus. 2014 war er in der Kategorie Blogs für den "Bobs - Best of Online Activism Award" der Deutschen Welle (DW) nominiert worden. DW-Chefredakteur Alexander Kudascheff hat die Ermordung Roys 2015 als schreckliches Verbrechen bezeichnet. Mutige Journalisten und Schriftsteller, die religiöse Fragen kritisch angingen, leben in Bangladesch in ständiger Gefahr.

2013 hatten Islamisten in Bangladesch sogar öffentlich gefordert, 84 namentlich genannte Blogger zu erhängen. Hintergrund war, dass Blogger an Gräueltaten aus dem Bürgerkrieg des Landes 1971 erinnert hatten. Ihre öffentliche Kampagne führte zu drei Verurteilungen wegen Kriegsverbrechen, davon zwei Todesurteile. Die Parteigänger der Kriegsverbrecher suchten daraufhin Rache an den Bloggern.

Laut der örtlichen Bürgerrechtsorganisation Odhikar hat Bangladesch in den elf Jahren von 2010 bis 2020 mindestens 2.286 Todesurteile verhängt und im gleichen Zeitraum mindestens 32 Menschen hingerichtet. In zwei Fällen wurde 2011 ein Todesurteil gemildert. 2010 berichtete Amnesty International, dass 20 Personen vom Präsidenten begnadigt wurden, die 2006 zum Tode verurteilt worden waren. Die Betroffenen sollen aus politischen Gründe verurteilt worden und unschuldig sein.

2013 hat Bangladesch die Todesstrafe für Kinder unter neun Jahren abgeschafft. Vergangenes Jahr wurde die Todesstrafe für Vergewaltigungen auch ohne Todesfolge eingeführt.

(ds)