Bayern: Neue Beschwerde gegen Anschwärzklausel im Verfassungsschutzgesetz

Bürgerrechtler und Aktivisten monieren, der bayerische Inlandsgeheimdienst dürfe persönliche Daten sehr einfach etwa an Arbeitgeber oder Vermieter weitergeben.

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(Bild: kubais / Shutterstock.com)

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Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Klimaaktivisten haben eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) eingereicht. Die Eingabe beim Bundesverfassungsgericht richtet sich gegen eine Vorschrift, die es dem bayerischen Inlandsgeheimdienst erlaubt, persönliche Daten unter nur sehr niedrigen Hürden an private Stellen wie Arbeitgeber oder Vermieter weiterzugeben. Das könnte schwerwiegende Folgen wie den Verlust des Arbeitsplatzes oder soziale Ausgrenzung für die Betroffenen haben, moniert die GFF. Sie wertet dies als einen erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht.

Eine solche Praxis könne allenfalls zur Abwehr einer Gefahr gerechtfertigt sein, meint die Bürgerrechtsorganisation. Das höchste deutsche Gericht sollte daher generell "klare Maßstäbe und strenge Grenzen für die Informationsweitergabe durch Geheimdienste" an Private festlegen. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz könne Bürger insgesamt bereits umfassend überwachen, gibt David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF, zu bedenken. Durch die neue Vorgabe im BayVSG dürfe der Inlandsgeheimdienst gesammelte Daten nun sogar "ohne Kenntnis der Betroffenen an das gesamte private und berufliche Umfeld" übermitteln. Er könnte so etwa heimlich dafür sorgen, dass Aktivisten ihren Job verlieren oder aus Vereinen ausgeschlossen werden. Solche Methoden hätten in einer Demokratie nichts zu suchen.

Die Beschwerdeführer sind in Gruppen und Protestbewegungen aktiv, die vom Landesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch beziehungsweise als Verdachtsfall angesehen werden. Dazu gehören "Ende Gelände" und das "Offene Antikapitalistische Klimatreffen München". Sie monieren, sich unter den geänderten Umständen nun zweimal überlegen zu müssen, zu welchen Veranstaltungen sie gehen oder mit wem sie reden. Die demokratische Teilhabe werde so ausgebremst, die Privatsphäre gefährdet. Denn immer wieder versuchten Inlandsgeheimdienste, Protestbewegungen und zivilgesellschaftliches Engagement als extremistisch zu diskreditieren.

Als linksextrem eingestufte Organisationen hatten 2017 schon einmal mit Unterstützung der GFF Verfassungsbeschwerde gegen das BayVSG erhoben. Die Karlsruher Richter erklärten daraufhin 2022 weite Teile der darin festgeschriebenen Überwachungskompetenzen für verfassungswidrig. Dies gilt etwa für die Befugnisse zur Wohnraumüberwachung, zu heimlichen Onlinedurchsuchungen per Staatstrojaner, zur Handyortung und zum Einsatz verdeckter Mitarbeiter. Das Verfassungsgericht schuf so zugleich neue Standards für die Arbeit der Inlandsgeheimdienste allgemein. Der bayerische Gesetzgeber besserte daraufhin nach, senkte aber zugleich die laut GFF "ohnehin schon vagen Anforderungen für die Informationsweitergabe an Private" bei der gerichtlich verordneten Reform ab.

(mil)