Beerdigt Google so JPEG XL? Chromium entfernt das Grafikformat noch vorm Start

Ab Version 110 streicht Chromium JPEG XL komplett aus dem Webbrowser. Google begründet das mit wenig Interesse am Grafikformat – zum Unverständnis der Nutzer.

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Chromium-basierte Webbrowser erhalten von Google keinen Support für JPEG XL: Im Bugtracker des Projekts kündigten die Entwickler an, jeglichen Code und alle Referenzen auf das Grafikformat zu entfernen – ohne dass es regulären Nutzern jemals zur Verfügung gestanden hätte. Greifen wird das ab dem kommenden Chromium 110, die Version 109 liegt derzeit als Beta vor.

Die Entscheidung wiegt schwer: Auf dem quelloffenen Chromium basieren unter anderem Googles bei Endanwendern beliebter Chrome, aber auch viele andere Webbrowser. Entsprechend schlecht nehmen die Kommentatoren im Bugtracker und viele andere Nutzer die Nachricht auf; sie befürchten, dass dieser Schritt bereits das Ende von JPEG XL bedeuten könne.

JPEG XL startete Anfang 2021 – mit der Hoffnung, das betagte JPEG beerben zu können. Das neue Format zeichnet sich durch eine stärkere Kompression bei gleichzeitig deutlich weniger Artefakten im Vergleich zum nun schon 30 Jahre alten Vorgänger aus. Letzterer sollte bereits mit dem 2000-Format der Vergangenheit angehören, kann seine Dominanz jedoch bis heute ungebrochen behaupten.

Als Begründung für den Schritt gibt Google zum einen ein angeblich mangelndes Interesse an JPEG XL an. Ferner würde der Standard keine signifikanten Vorteile gegenüber existierenden Formaten bieten. Weiterhin sei die Integration in Chromium experimentell und als solcher markierter Code solle nicht unendlich lang Teil des Projekts bleiben.

Letztlich würde durch das Entfernen von JPEG XL den Maintainern eine große Arbeitslast entfallen, die sie lieber in andere Bereiche stecken würden. Im Bugtracker gibt das Projekt jedoch keine Details dazu an, wie groß der Aufwand tatsächlich ist und warum die technischen Vorteile des neuen Formats nicht schwer genug wiegen.

Kritiker werfen Google unter anderem vor, dass existierende Formate kaum Arbeit verursachen würden und dass DRM-Code priorisiert würde. Ferner könne es kaum Nutzerinteresse für JPEG XL geben, weil Anwender und Entwickler den Standard schließlich bislang kaum einsetzen könnten – was zum Beispiel auch am experimentellen Status in Chromium läge.

In den Kommentaren melden sich viele Drittentwickler zu Wort, die nach eigenen Angaben ihre Software die letzten zwei Jahre auf JPEG XL vorbereitet und lediglich auf Googles Rollout in Chromium gewartet hätten. Auf die Kritik im eigenen Bugtracker gingen die Projektverantwortlichen jedoch nach der Ankündigung nicht mehr ein.

Google verfolgt mit WebP parallel ein eigenes Grafikformat, das der Konzern seit dem Start 2010 zumindest genug für einen umfangreichen Support in Webbrowsern und Grafiksoftware etablieren konnte. Auch an einem Nachfolger namens WebP 2 arbeitete Google seit Mitte 2021 – gab das Projekt, einen weiteren Standard auf den Markt zu bringen, jedoch Mitte Oktober 2022 auf.

(fo)