Bericht: Bahn wollte mit Datenabgleich auch Informationslecks finden

Beim internen Screening seien Telefonnummern der Mitarbeiter mit denen von Politikern und Journalisten abgeglichen worden, berichtete der FDP-Politiker Horst Friedrich und Vorsitzender des Bundestags-Verkehrsauschuss laut einem Zeitungsbericht.

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Der massenhafte Abgleich der Daten von Bahn-Mitarbeitern sollte offenbar nicht nur dazu dienen, Korruptionsfällen in dem Unternehmen auf die Spur zu kommen. Dem FDP-Politiker Horst Friedrich, Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages, liegt laut einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ein interner Brief von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn aus dem Jahr 2002 vor, in dem Mitarbeitern mit fristloser Kündigung gedroht werde, die unabgesprochen Informationen an die Öffentlichkeit brächten. Friedrichs Informationen zufolge seien bei dem internen Screening vor allem die gewählten Telefonnummern der Mitarbeiter mit denen von Politikern und Journalisten abgeglichen worden.

Das erkläre auch, warum 173.000 Beschäftigte geprüft wurden, sagte Friedrich laut dem Bericht weiter. Mehdorn schätze nicht autorisierte Informationen für die Öffentlichkeit mindestens so schlimm ein wie Korruption. Wegen Bespitzelungsaktionen auf der Suche nach Informationslecks war auch die Deutsche Telekom im Mai 2008 in die Kritik geraten. Aus diesem Fall sowie dem der Bahn und auch der Mitarbeiterüberwachung bei Lidl, die im vorigen Jahr aufgedeckt worden war, wird nun der Ruf nach einem Arbeitnehmer-Datenschutz lauter. Neben dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar und dem FDP-Innenpolitiker Max Stadler hat sich nun auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Hans-Peter Uhl zu Wort gemeldet.

Deutschland brauche ein eigenes Gesetz zum Schutz von Arbeitnehmerdaten in Betrieben, sagte Uhl der Financial Times Deutschland (FTD). Uhl habe das Bundesarbeitsministerium aufgefordert, dem Parlament zügig einen Entwurf vorzulegen. Bisher gibt es keine Gesetze darüber, wie Unternehmen mit den Daten ihrer Mitarbeiter beispielsweise bei einem Korruptionsverdacht umgehen dürfen. Uhl regte so wie zuvor Oppositionspolitiker an, den Arbeitnehmer-Datenschutz im Rahmen der angestrebten Datenschutznovelle zu verbessern, die vor allem zunächst durch den Handel mit Kundendaten angetrieben wurde. So könne der Arbeitnehmerdatenschutz noch in der laufenden Legislaturperiode geregelt werden. Das Bundesarbeitsministerium jedoch schätzt die Chancen dafür laut FTD gering ein. Nicht nur Wirtschaftsverbände sperrten sich, sondern auch einige Gewerkschaften. Ein neuer Arbeitnehmerdatenschutz würde den Einfluss von Gewerkschaften beschränken, da derzeit viele Großunternehmen über Vereinbarungen mit dem Betriebsrat regeln, welche Kontrollen erlaubt seien.

Mehdorn hatte am Dienstag in einem Schreiben an alle Konzernmitarbeiter Fehler eingeräumt. Ebenfalls im Laufe des Dienstags war bekannt geworden, dass die Bahn im Jahr 2005 sämtliche 220.000 Mitarbeiter einem Screening unterzogen hat. Die Bahngewerschaften Transnet und GDBA bemängeln, dass sich die Bahn immer noch nicht bei den Beschäftigten entschuldigt habe. Unterdessen hat die Bundesregierung der Bahn am Mittwoch ein Ultimatum gestellt und einen ausführlichen schriftlichen Bericht über die Datenaffäre gefordert. Dieser muss zur Sondersitzung des Aufsichtsrates vorliegen, die noch vor dem 11. Februar einberufen werden soll. Danach müsse die Bahn dem Verkehrsausschuss des Bundestages einen 60 Fragen umfassenden Katalog beantworten, heißt es in Medienberichten.

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(anw)