Bertelsmann muss wegen Napster erneut vor Gericht

Die Zornesröte in den Gesichtern der Bertelsmann-Bosse über die 160-Millionen-Euro-Schmach im Streit mit zwei Ex-Managern ist noch nicht völlig gewichen, da müssen die Konzern-Juristen schon wieder in den Ring.

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Von
  • Michael Donhauser
  • dpa

Die Zornesröte in den Gesichtern der Bertelsmann-Bosse über die 160-Millionen-Euro-Schmach im Streit mit zwei Ex-Managern ist noch nicht völlig gewichen, da müssen die Konzern-Juristen schon wieder in den Ring. In San Francisco sollte am Dienstag eine erste Anhörung gegen Bertelsmann und zwei seiner US-Töchter beginnen; die Musik-Konkurrenten EMI und Universal haben die Klage eingereicht. Es geht um die Tauschbörse Napster, der Bertelsmann in den Jahren 2000 und 2001 Kredite über mehr als 80 Millionen US-Dollar gegeben hatte. Bertelsmann, über die Sparte BMG selbst im weltweiten Musikgeschäft aktiv, hatte mitten im Internet-Hoch mit ansehen müssen, wie die Tauschbörse Napster florierte. Kostenlos tauschten Millionen von Musikfans ihre Lieblingshits untereinander aus. Bertelsmann hatte die Gefahr der Piraterie, die heute noch von der Musikindustrie für sinkende Umsätze verantwortlich gemacht wird, schnell erkannt.

Mit zweckgebundenen Darlehen wollte das Unternehmen Napster in einen voll lizenzierten Dienst umwandeln. Die Konkurrenz sieht das Engagement der Gütersloher völlig anders. Bertelsmann habe die von Urheberrechtsklagen geplagte und damals bereits in die Insolvenz gegangene Tauschbörse mit dem Kredit künstlich am Leben gehalten. Die Musikindustrie habe dadurch Milliardenverluste erlitten. Den entstandenen Schaden beziffern die Kläger auf 17 Milliarden US-Dollar. Der Konzern habe zwar den Kredit gegeben, aber nichts Illegales getan und somit auch keinen Schaden verursacht, hält Bertelsmann dagegen. Bertelsmann habe nie Einfluss auf Napster und dessen Handeln ausüben können, geschweige denn auf die Napster-Nutzer. Auch habe der Gütersloher Konzern nie wirtschaftlich von der Kreditvergabe profitiert, sondern habe -- im Gegenteil -- Geld verloren.

Anders als im Streit um die Anteile der Ex-Manager für den gewinnbringenden AOL-Europe-Verkauf sind die Mienen beim größten europäischen Medienkonzern diesmal jedoch etwas entspannter. Bei der Auseinandersetzung mit Jan Henric Buettner und Andreas von Blottnitz musste Bertelsmann schließlich einsehen, vor einem Gericht im kalifornischen Santa Barbara die schlechteren Karten in der Hand zu haben und willigte nolens volens in die außergerichtlich verhandelte 160-Millionen-Summe ein.

Obwohl es auch in dem neuen Rechtsstreit wieder in Kalifornien vor Gericht geht, scheinen mehr Trümpfe in den Händen der Bertelsmänner zu stecken. Die Gütersloher Juristen um Chefsyndikus Ulrich Koch haben Klageabweisung beantragt. "Wir sind überzeugt, dass die Klagen jeder Grundlage entbehren", sagte ein Konzernsprecher. Tatsächlich hatte die Chefrichterin des Bundesbezirksgerichtes in San Francisco, Marilyn H. Patel, bereits in einem früheren Verfahren gegen den damaligen Napster-Mehrheitseigner Hummer Winblad die Argumentationskette der Klägerseite verworfen.

Die Argumente seien "objektiv nicht nachvollziehbar", hieß es damals, und mit dem US-Urheberrecht nicht vereinbar. Bertelsmann hofft nun, dass Richterin Patel ihre Meinung nicht grundlegend ändert. Helfen könnte Bertelsmann dabei, dass einer der Kläger, Universal Music, inzwischen selbst an der Marke "Napster" mitverdient. Universal ist an der Firma Roxio beteiligt, die den Namen Napster nach der Pleite übernommen hatte. (Michael Donhauser, dpa) / (jk)