Betriebsgewinn bei Amazon halbiert, Aktie schieĂźt nach oben
Mehr Umsatz, aber 57 Prozent weniger Betriebsgewinn meldet Amazon.com fĂĽr das zweite Quartal. Das Nettoergebnis ist noch schlechter, doch GroĂźanleger jauchzen.
Amazon.com hat im zweiten Quartal 121,2 Milliarden US-Dollar umgesetzt, ein Zuwachs von sieben Prozent im Vergleich zu Amazons zweitem Quartal 2021. Der Betriebsgewinn ist sogar um 57 Prozent auf 3,3 Milliarden Dollar eingebrochen. Weil das aber deutlich höher ist, als Finanzanalysten erwartet hatten, sind institutionelle Anleger begeistert und kaufen Amazon-Aktien.
Beim Nettoergebnis schreibt der Konzern zwei Milliarden Dollar Verlust. Vor einem Jahr standen da noch 7,8 Milliarden Dollar Plus. Es ist das zweite Quartal mit Nettoverlust in Folge für Amazon. Dass es noch Betriebsgewinn gibt, verdankt Amazon einerseits Dritthändlern, andererseits seinen Amazon Web Services (AWS).
Bei AWS ist der Umsatz um ein Drittel auf 19,8 Milliarden Dollar gestiegen, der Betriebsgewinn sogar um 36 Prozent auf 5,7 Milliarden Dollar. Während AWS also blendend verdient – etwas besser als an der Börse erwartet – und die Marge noch steigern konnte, schreibt die Handelssparte Verluste.
Aktie saust nach oben
In Nordamerika weist sie bei einem um zehn Prozent auf 74,4 Milliarden Dollar gewachsenen Umsatz 627 Millionen Dollar Betriebsverlust aus. Es ist das dritte Quartal mit Betriebsverlust in Folge. Außerhalb Nordamerikas hat der Konzern noch stärker zu kämpfen: Der Umsatz ist um zwölf Prozent auf 27,1 Milliarden Dollar gefallen, was am kräftig gestiegenen Kurs des US-Dollars liegt. Wären Wechselkurse stabil, könnte Amazon hier ein Prozent Umsatzzuwachs ausweisen.
Der Betriebsverlust der Handelssparte außerhalb Nordamerika ist im zweiten Quartal auf 1,8 Milliarden Dollar angewachsen. Es ist in diesem Bereich das vierte Quartal mit Betriebsverlust in Folge, und unter diesen vier Quartalen ist das jüngste jenes mit dem höchsten Betriebsverlust.
Trotz alledem ist der Kurs der Amazon-Aktie nach Bekanntgabe der Quartalsergebnisse im nachbörslichen Handel um gut 13 Prozent nach oben geschossen. So teuer waren Amazon-Anteile seit April nicht mehr. Institutionelle Anleger hatten offensichtlich schlimmere Quartalszahlen befürchtet. Insbesondere jene Umsätze, die Dritthändler über Amazons Online-Shops machen, sind deutlich stärker gestiegen (+9%) als erwartet (+6%). Dritthändler bescheren Amazon höhere Margen als Verkäufe auf eigene Rechnung, weil der Konzern Kauf und Lagerhaltung der Waren nicht vorfinanzieren muss.
Online-Handel schrumpft, Liefersystem zu groĂź
Betrachtet man die Handelssparte nicht anhand der Geografie, sondern der Teilbereiche, sieht man, dass der Quartalsumsatz im Onlinehandel um vier Prozent gefallen, in Ladengeschäften aber um zwölf Prozent gestiegen ist. Abonnements haben zehn Prozent mehr eingespielt, Werbung sogar 18 Prozent mehr.
Zu Pandemiezeiten hat Amazon seine Logistik kräftig ausgebaut. Jetzt, wo das Online-Geschäft schrumpft, ist dieses System überdimensioniert. Jetzt muss Amazon-CEO Andy Jassy es wieder rückbauen lassen. Er betont, dass seine Firma im jüngsten Quartal dabei Fortschritte gemacht habe.
Neben AWS und Handelssparte weist Amazon auch noch "sonstige" Einnahmen aus. Da geht es um Lizenzierung von Videorechten, Zustelldienste für Dritte und Einnahmen aus dem Kreditkartengeschäft. Dieser Bereich hat sich in einem Jahr mehr als verdoppelt: Der Umsatz überschreitet erstmals eine Milliarde Dollar in einem Quartal. Die erreichten 1,07 Milliarden Dollar sind ein Zuwachs von 131 Prozent.
(ds)