BfDI: Koalition einigt sich auf Nachfolge für Kelber

In Berlin steigt weißer Rauch auf: FDP und Grüne haben sich auf eine Kandidatin für die Nachfolge des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber geeinigt.

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Louisa Specht-Riemenschneider spricht an einem Podium.

Louisa Specht-Riemenschneider auf einer Veranstaltung in Bonn im Februar.

(Bild: Volker Lannert / Universität Bonn)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Nach monatelanger Suche haben sich FDP und Grüne nun auf eine Kandidatin für die Nachfolge des noch amtierenden Bundesdatenschützers Ulrich Kelber geeinigt. Die Datenschutzrechtlerin Louisa Specht-Riemenschneider von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn soll neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) werden. Vorbehaltlich ihrer Bestätigung durch den Bundestag geht eine lange Hängepartie zu Ende – und auf die Nachfolgerin von Ulrich Kelber kommen schwierige Zeiten zu.

Die 1985 geborene Specht-Riemenschneider ist Juristin und als Expertin für Daten- und Datenschutzrecht in Fachkreisen geschätzt. Sie lehrt als Professorin für Rechtswissenschaften an der Universität Bonn, wo sie auch eine Forschungsstelle für Rechtsfragen neuer Technologien und Datenrecht leitet. Der neue Arbeitsplatz beim BfDI wäre nur wenige Kilometer nördlich des Juridicums, das an der alten Bonner Diplomatenrennbahn liegt.

Specht-Riemenschneider ist dabei dafür bekannt, dass sie Datenschutz und andere Technologien zusammen betrachtet. Sie ist im politischen Berlin gut vernetzt, als Ko-Vorsitzende des Beirats zur Digitalstrategie der Bundesregierung und als Mitglied der Gründungskommission für das geplante Dateninstitut gremienerfahren.

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Die SPD hatte die Nachfolgesuche den beiden Koalitionspartnern überlassen, da sie selbst lieber den ersten unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundestages stellen wollte. Der wurde Mitte März gewählt – der ebenfalls langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Uli Groetsch.

Bevor Specht-Riemenschneider das Amt formell ausüben kann, muss Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sie dem Bundeskabinett offiziell vorschlagen. Anschließend muss der Deutsche Bundestag die neue Datenschutzbeauftragte mit einer Mehrheit bestätigen. So sieht es das formelle Verfahren nach Bundesdatenschutzgesetz vor. Wann dies der Fall sein wird, ist derzeit noch offen – Ulrich Kelber kann bis jedoch höchstens zum 7. Juli 2024 geschäftsführend im Amt bleiben.

Damit endet wohl eine quälende Kandidatensuche der Ampelfraktionen. Geeignete Kandidaten für die Nachfolge Ulrich Kelbers zu finden, war offenbar recht schwierig. Reihenweise hagelte es Absagen. Teils aus persönlichen Gründen, teils aber auch dem Prozess geschuldet. So zeigten sich einige Kandidaten aufgrund der Umstände – der Hängepartie mit der Nichtverlängerung des bisherigen Amtsinhabers – nicht bereit, die Aufgabe zu übernehmen. Andere lehnten öffentlich ab, ohne jemals angefragt worden zu sein.

Das Erbe Ulrich Kelbers, der das Amt noch bis zur offiziellen Wahl seiner designierten Nachfolgerin ausübt, wiegt schwer. Kelber war seit 2018 im Amt, zu seiner Amtszeit gehörten vor allem der Umgang mit Daten in der Corona-Pandemie, wo der Datenschutz zuerst unter die Räder zu kommen drohte. Erst mit Unterstützung der großen Mobilhardware-Unternehmen Apple und Google und deren Intervention zugunsten von Bluetooth-LE setzte sich eine datensparsame Implementation für die Kontaktverfolgung durch. Deren Nutzen blieb jedoch umstritten, genau wie der alternativer Lösungen wie etwa der oft kritisierten Luca-App.

Ein Ausrufezeichen bei der Durchsetzung des Datenschutzes auch gegenüber staatlichen Stellen setzte Kelber mit einer Anordnung gegenüber dem Bundespresseamt, dem er die Nutzung von Facebook untersagen wollte. Das anhängige Gerichtsverfahren vor dem zuständigen Verwaltungsgericht ist bis heute nicht abgeschlossen. Zudem wirkte Kelber an den Entscheidungen des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) mit, der etwa die irische Datenschutzaufsicht zu einem härteren Vorgehen gegen den Facebook-, Instagram- und WhatsApp-Mutterkonzern Meta verpflichtete.

Der Bonner Informatiker und langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Kelber sah noch im März vor allem eine Beschädigung des Amtes durch die Ampelkoalition – insbesondere im internationalen Kontext sei die Position des BfDI geschwächt worden, da er der künftigen Leitung nicht vorgreifen könne.

Eine besondere Rolle könnte mit der nächsten europäischen Legislaturperiode auf Specht-Riemenschneider warten. Denn die Datenschutzgrundverordnung wird 2026 zehn Jahre alt. 2016 war sie verabschiedet worden, mit zweijähriger Übergangsfrist. Und es gibt nicht wenige, die sie für überarbeitungsbedürftig halten.

Hier könnten intensive politische und öffentliche Auseinandersetzungen warten. Auch die Debatten um KI-Regulierung und die Frage, welche Stelle die Aufsicht in Deutschland über die KI-Verordnung ausübt, dürfte einige Aufmerksamkeit erfordern – genau wie die Ausgestaltung der Teilaufgaben aus dem Digital Services Act, etwa zu Dark Patterns, die bei der Datenschutzaufsicht liegen.

Update

Ortsangabe zum BfDI im zweiten Absatz korrigiert.

(vbr)