Bibliotheken in der Pandemie: Gedrucktes schlägt E-Books

Der Lockdown hat bei vielen die Liebe zum Lesen angefacht. Das merkten auch die Thüringer Bibliotheken. Insbesondere das gedruckte Buch wurde nachgefragt.

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(Bild: jakkaje879/Shutterstock.com)

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  • dpa

In der Corona-Krise stand in den Bibliotheken in Thüringen analoger Lesestoff hoch im Kurs. "Bücher, die seit Jahren nicht ausgeliehen wurden, waren plötzlich wieder gefragt", erklärte die Leiterin der Landesfachstelle für öffentliche Bibliotheken in Thüringen, Sabine Brunner. Unter anderem habe die Bibliothek in Bad Heiligenstadt (Landkreis Eichsfeld) während des Lockdowns mehr Bücher verliehen als im Regelbetrieb. Generell hätten viele Nutzerinnen und Nutzer gedruckte Bücher den E-Books vorgezogen.

Über die Gründe kann Brunner nur spekulieren: "Vielleicht liegt es daran, dass die Menschen in dieser Zeit ohnehin so viel Zeit an Laptops oder Handys verbrachten. Vielleicht spendet ein Buch in solchen Zeiten auch einfach mehr Trost als die digitale Version." Die Bibliotheken würden nun die weitere Entwicklung beobachten. Eventuell sei aber zumindest eine teilweise Rückbesinnung auf die analogen Formate sinnvoll.

Die Corona-Krise habe zudem gezeigt, wie wichtig Beratung und persönlicher Kontakt sei. Möglicherweise müssten sich Bibliotheken wieder stärker auf die eigentlichen Kompetenzen wie Recherche- und Lesekompetenzen und Hilfe zur Selbsthilfe konzentrieren, anstatt auf neue digitale Trends. "Wir werden uns das anschauen, wenn die Krise vorbei ist", sagte Brunner.

Als besonders erfolgreich hätten sich Angebote wie "Date mit einem Buch" ausgewirkt. Dabei wählen die Bibliothekare Bücher nach den Vorlieben der Nutzer aus. "Die Rückmeldungen dabei waren fast ausschließlich positiv, viele schätzten die Gelegenheit, ein unbekanntes Buch kennenzulernen." Bedauerlich ist aus der Sicht der Bibliothekare, dass die Bücherbusse während des Lockdowns die ländlichen Regionen nicht mit Lesestoff versorgen konnten. "Leider war kein Hygienekonzept möglich, das mit den Vorgaben vereinbar gewesen wäre."

Bibliotheksschließungen wird es nach bisherigem Stand in Thüringen nicht geben. Auch die elf Universitätsbibliotheken seien gut durch die Corona-Krise gekommen, sagte die Vorsitzende im Landesverband Thüringen im deutschen Bibliotheksverband, Milena Pfafferott. Wegen der Schließungen seien die Nutzungszahlen von 3,2 Millionen in 2019 auf 600.000 in 2020 zurückgegangen. Die Entleihungen sanken hingegen nur von 1,5 Millionen auf etwa 1,1 Millionen.

Für das digitale Angebot habe die Krise einen deutlichen Schub gebracht. Viele Bibliotheken hätten Selbstlernvideos, etwa für Schulungen zu wissenschaftlicher Recherche oder anderen Grundlagen erstellt. "Diese Formate werden sicher auch in Zukunft erhalten bleiben."

In Thüringen gab es der Landesfachstelle zufolge im Jahr 2019 insgesamt 240 Stadt- und Gemeindebibliotheken mit rund 2,1 Millionen Besuchern und 6,3 Millionen Entleihungen. 82 Prozent der Thüringer leben demnach in Kommunen mit mindestens einer öffentlichen Bibliothek.

(mho)