Blendle: Online-Kiosk für Einzelkauf von Zeitungsartikeln geöffnet
Als "iTunes für den Journalismus" tritt Blendle an: Zeitungen und Zeitschriften hoffen angesichts sinkender Verkaufszahlen auf das Portal. Nutzer können dort direkt Artikel verschiedener Medien kaufen und lesen – das jetzt auch in Deutschland.
Später als geplant öffnet Blendle nun auch in Deutschland seinen Online-Kiosk für alle Nutzer. Die können darin einzelne Artikel oder ganze Ausgaben aktueller Zeitungen und Zeitschriften kaufen. Seit Beginn des Beta-Tests im Juni sind noch einige Titel hinzugekommen, inzwischen sind mehrere überregionale und regionale Tageszeitungen ebenso vorhanden wie Wochenzeitungen und verschiedene Magazine. Hinzugekommen sind beispielsweise die Frankfurter Allgemeine Zeitung, der Focus und das Göttinger Tageblatt.
Wenige Klicks zum Artikel
Wer sich bei Blendle anmeldet, bekommt 2,50 Euro in seinem Account gutgeschrieben. Die verfügbaren Medien sind einsehbar und können im Web-Browser beziehungsweise in der Android-App durchgeblättert werden (eine etwas eingeschränkte iOS-App gibt es auch). Die Texte selbst sind dabei nicht lesbar. Finden die Nutzer einen Artikel, der sie interessiert, können sie ihn per Mouse-Over (oder Klick auf dem Mobilgerät) hervorheben. Zu sehen bekommen sie dann die Überschrift, die ersten Zeilen und den Preis. Mit einem weiteren Klick öffnen sie den Artikel und können mit dem Lesen beginnen. Der Text wird dafür auf den Bildschirm aufgezogen und bleibt nicht im Layout des Hefts. Der Preis wird aus dem eigenen Blendle-Konto abgebucht, das unter anderem per PayPal aufgeladen werden kann. Nutzer können sich aber auch Guthaben schenken.
Blendle im Detail (12 Bilder)
Zur Eröffnung des digitalen Kiosks sind nun unter anderem die Süddeutsche Zeitung, die Welt, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und der Tagesspiegel dabei. Dazu kommen einige Regionalzeitungen – vor allem aus Niedersachsen und Thüringen – sowie überregionale Wochenzeitungen. Bei den Magazinen können Nutzer aus dem Spiegel, Stern, 11Freunde, dem Kicker und weiteren auswählen. Hinzu kommen jede Menge niederländische und flämische Medien sowie das englischsprachige Wall Street Journal, die Washington Post und der Economist.
Die Preise für einzelne Artikel liegen zwischen 15 und 90 Cent, mehr als 1 Euro wird nur selten verlangt, etwa für lange Titeltexte aus dem Spiegel. Wer versehentlich einen Artikel öffnet und ihn sofort wieder schließt, muss dafür nicht bezahlen. Ein Popup-Fenster erklärt, dass der Text wohl unbeabsichtigt geöffnet wurde und das Geld wird wieder zurückgebucht. Ist ein Artikel durchgelesen, können Leser auch ihr Geld zurückverlangen, müssen dann aber einen Grund dafür angeben. Gibt der Leser pro Ausgabe mehr aus, als die gesamte Ausgabe kosten würde, berechnet Blendle nur den Preis für die Einzelausgabe.
Wer Medien aus dem Blendle-Kiosk bereits im (Online-)Abo hat, soll in Zukunft die zugehörigen Abonnement-Daten eingeben können, damit Inhalte daraus nichts mehr kosten. Bislang geht das nur bei einigen niederländischen und US-amerikanischen Titeln. Gegenüber heise online erklärte Blendles Co-Gründer Marten Blankesteijn, das Hinzufügen eigener Abodaten habe derzeit höchste Priorität. So sei die für den Spiegel fast fertig.
Ein Netzwerk für Leser
Erweitert wird Blendles digitaler Kiosk um einige soziale Funktionen. So können Twitter- und Facebook-Profile verknüpft werden, um gelesene Artikel zu teilen. Die so verbreiteten Links führen dann wieder zu Blendle, wo Interessierte die Artikel selbst kaufen können. Innerhalb von Blendle haben Nutzer ein eigenes Profil, dem andere Nutzer folgen können. Dann bekommen sie die Empfehlungen zu sehen.
Insgesamt ist Blendle sehr intuitiv, eine lange Eingewöhnung ist nicht nötig. Interessante Artikel können direkt geöffnet oder für später vorgemerkt werden. Trotz der großen Auswahl bleibt der Online-Kiosk übersichtlich. Schon bevor Blendle nach Deutschland kam, war das Interesse an dem Dienst nicht nur hierzulande groß. Die Zuschreibung als "iTunes für den Journalismus" drückt die Hoffnung der Branche aus, der Dienst könne für Zeitungen das gleiche bedeuten, was Apples Online-Store einst für die Musikbranche darstellte. Tatsächlich war es noch nie so einfach, online einzelne Artikel verschiedener Medien zu kaufen. Ob deutsche Leser das annehmen, muss sich nun zeigen.
Von den Verlegern jedenfalls habe man nach dem Test äußerst positives Feedback erhalten, sagte Blankesteijn. Vor allem hochwertige und lange Inhalte würden auf Blendle sehr gut angenommen. "Qualitätszeitungen" seien teilweise bis zu 30 Mal so gut verkauft worden wie Boulevard-Medien. (mho)