Brenner-Studie: Aufatmen bei der Filmwirtschaft

Trotz einer starken Zunahme bei DSL-Anschlüssen und DVD-Recordern steigt das illegale Verbreiten und Brennen urheberrechtlich geschützten Materials nur verhältnismäßig leicht an, ermittelte eine Studie im Auftrag der Filmförderungsanstalt.

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Trotz einer deutlichen Aufrüstung der Konsumenten mit DSL-Anschlüssen und DVD-Recordern steigt bei urheberrechtlich geschütztem Material das illegale Verbreiten per Internet und Brennen auf CD nur verhältnismäßig leicht an. Diese Entwicklung feiert die Filmindustrie als wichtigen Etappensieg ihrer konzertierten Aktionen im Kampf gegen Raubkopierer. "Die explosionsartige Zunahme von Filmkopien wurde offenbar verhindert", zeigte sich Peter Dinges, Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA), schwer erleichtert bei der Vorstellung der aktuellen Brennerstudie 2004 am heutigen Mittwoch in Berlin. Die Gefahr für die Filmindustrie und das Kulturgut Film sei aber nicht komplett gebannt.

Die FFA hat für die dritte, repräsentative Umfrage dieser Art im Juli 10.000 Personen nach ihrer Technikausstattung und ihrem Medienverhalten hin abgeklopft. Dazu kam eine schriftliche Befragung innerhalb eines Panels der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum Januar bis Juni 2004. Demnach gibt es in deutschen Haushalten neben 28 Millionen CD-Brennern inzwischen auch 3,1 Millionen DVD-Brenner und 1,1 Millionen DVD-Recorder. Gleichzeitig nutzen von den 60 Prozent der Deutschen, die mittlerweile über einen Internetzugang zu Hause verfügen, 59 Prozent ISDN und DSL. Dabei gibt es gerade beim für Downloads besonders gut geeigneten Breitbandzugang den stärksten Zuwachs mit 32 Prozent.

Jeder dritte Deutsche ab zehn Jahren hat laut der Studie CD- oder DVD-Rohlinge mit Inhalten bespielt beziehungsweise sich brennen lassen. Auffällig dabei die Geschlechterverteilung: 40,6 Prozent der Männer und nur 27 Prozent der Frauen brennen. Insgesamt gibt es im Vergleich zur 2. Brennerstudie rund eine Million "Brenner" mehr. Brisant für die Filmwirtschaft: Während auf CDs vor allem Fotos und Songs wandern, werden DVD-Rohlinge zu 55 Prozent mit Spielfilmen bestückt. Die "filmaffinen Altersgruppen", wie Dinges die Zwanzig- bis Dreißigjährigen bezeichnet, nehmen dabei einen Spitzenplatz ein. Natürlich würden auch legale Inhalte wie Fernsehaufzeichnungen gebrannt, vergaß der FFA-Chef nicht zu erwähnen, dies werde von 29 Prozent der Befragten für das gebrannte Filmmaterial als Quelle angebgeben; 49 Prozent würden aber Filme aus Tauschbörsen brennen und 54 Prozent von eigentlich mit CSS geschützten Original-DVDs.

Auch bei den Spielfilm-Downloads sind die (männlichen) "Twens" ganz vorn dabei: Sie laden dreimal so viele Movies aus dem Netz wie der Bevölkerungsdurchschnitt. Insgesamt haben sich 2,1 Prozent der Deutschen in Tauschbörsen bei illegal angebotenen Kinoknüllern bedient. "Keine unbeachtliche Zahl", wie Dinges findet, stehen dahinter doch 1,3 Millionen Personen. Beruhigend sei aber, dass der Download von Streifen vor dem deutschen Kinostart deutlich abgenommen und sich das Raubkopieren "nach hinten verschoben" habe. Insgesamt wurden hierzulande laut der FFA im ersten Halbjahr 10,3 Millionen Filme geladen, was einen Zuwachs zum etwas längeren Vorjahreszeitraum der Studie von zehn Prozent entspricht.

Als Gründe für das Verhalten nennen die Nutzer immer wieder, dass sie auch an eigentlich altersbeschränkte Filme mit teils pornographischen Inhalten herankommen wollen. "Wir reden also nicht nur über das Geld, sondern auch der Jugendschutz ist gefährdet", konstatiert der FFA-Chef. Der größere Teil der Downloader und Brenner greift allerdings auf die Tauschbörsen zurück, weil er nur am eigentlichen Film ohne den auf DVDs mit erhältlichen Gimmicks sowie an einer zeitnahen Betrachtung der Streifen im trauten Heim interessiert ist. Das damit einhergehende Signal an die Filmwirtschaft, ähnlich wie die Musikindustrie "Billigprodukte" mit den reinen Filminhalten zu schaffen, stößt laut Verbandsvertretern nicht auf taube Ohren.

Strikt ab lehnt Dinges allerdings ein Aufbrechen der viel beschworenen "Verwertungskaskade", der zufolge ein Streifen zunächst im Kino anläuft und erst dann in den Verleih und den Verkauf geht. "Sie ist für die Filmwirtschaft wesentlich, finanziert sie doch den Film", betont Dinges. Zudem seien auch "allgemeine Fragen der Filmkultur und des Erlebnisortes Kino" damit verknüpft. Die Folge ist aber auch, dass die Filmwirtschaft -- im Gegensatz zur Musikindustrie -- nach wie vor nicht an die Etablierung legaler Download-Services mit einem aktuellen Angebot arbeitet.

Auch eine Reihe positiver Zahlen konnte die Industrie präsentieren. So ist der Absatz von Film-DVDs deutlich gestiegen; er lag schon im ersten Halbjahr bei über 32 Millionen und damit höher als im ganzen Jahr 2003. Kinobesitzer können sich zudem über einen deutlichen Besucherzuwachs in Höhe von 12,5 Prozent in diesem Jahr freuen. Auch das Videoverleihgeschäft hat um 1,3 Prozent angezogen. "Wir können mit den Zahlen zufrieden sein", kommentierte Dinges die Statistik. "Sie sähen aber deutlich besser aus, wenn es das Phänomen Raubkopieren nicht gäbe." Er forderte in diesem Zusammenhang erwartungsgemäß den Gesetzgeber auf, im Rahmen der gerade debattierten Urheberrechtsnovelle den Download aus illegalen Quellen noch eindeutiger zu kriminalisieren und beispielsweise die Formulierung des "offensichtlich" vor dem rechtswidrigen Angebot im Gesetzestext zu streichen.

Ihre Teilerfolg führt die Filmwirtschaft auf konzertierte Aktionen im Kampf gegen gewerblich orientierte Raubkopierer zurück. Dazu zählt sie neben der Forschung im Rahmen der Brennerstudie oder der Arbeit an Wasserzeichen zur Rückverfolgung illegaler Kopien, der "Selbstverantwortung" mit dem Schließen von Lücken beim Verleih, bei der Auslieferung und der Vorführung sowie der etwa im Fall FTPWelt erneut erfolgreichen Strafverfolgung auch die Aufklärung der Verbraucher über umstrittene Kampagnen wie "Raubkopierer sind Verbrecher" an. "Damit haben wir genau das erreicht, was wir erreichen wollten, nämlich Öffentlichkeit", freut sich Elke Esser, Geschäftsführerin der hinter der Initiative stehenden Zukunft Kino Marketing GmbH. "Die aggressive Tonalität der ersten Spots hat dazu geführt, dass wir uns als Branche Gehör verschaffen konnten." Eine Neuauflage mit zumindest zwei weiteren Werbefilmchen kündigte sie für Ende November an. (Stefan Krempl) / (jk)