Filmindustrie: "Raubkopieren ist kein Bagatelldelikt"

Die Filmwirtschaft trommelt gegen eine Passage im Entwurf für die zweite Stufe der Urheberrechtsreform, die eine geringfügige illegale Nutzung von Tauschbörsen straffrei stellen will.

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Die Filmwirtschaft trommelt gegen eine Passage im Entwurf für die zweite Stufe der Urheberrechtsreform, mit der das Bundesjustizministerium eine geringfügige rechtswidrige Nutzung von Tauschbörsen straffrei stellen will. In einem "Thesenpapier" der Filmverbände, das heise online vorliegt, führen die Branchenvertreter kategorisch aus: "Raub(kopieren) ist kein Bagatelldelikt". Die Pläne von Justizministerin Brigitte Zypries werden in der Lobbyistenvorlage unter anderem als "Verletzung der staatlichen Schutzpflicht", "unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff" und als "falsches Signal" an eifrige Sauger gebrandmarkt.

Der heftige Streit entzündet sich am Vorschlag für die Neufassung von Paragraf 106 des Urheberrechtsgesetzes. Demnach soll nicht bestraft werden, wer sich "nur in geringer Zahl und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch" bei Peer-2-Peer-Netzen bei illegalen Kopiervorlagen bedient. Zypries will damit vor allem einer Kriminalisierung der "Schulhöfe", also jugendlicher Tauschbörsen-Nutzer, entgegenwirken. In der Begründung zu dem Entwurf für den so genannten Zweiten Korb der Urheberrechtsnovelle erläutert das Justizministerium, dass es sich aber tatsächlich "nur um Bagatellfälle" handeln müsse, "also das Urheberrecht nicht im großen Stil verletzt" worden sein dürfe. "Wer etwa hunderte von Musiktiteln illegal aus dem Internet herunterlädt", dürfe nicht damit rechnen, dem Staatsanwalt zu entkommen.

Die Rechteinhaber sehen das naturgemäß anders. Vertreter der Phonoverbände hatten auf der Popkomm die "Bagatellklausel" bereits als Einladung zum "massiven Privatkopieren" gedeutet. Nun setzen die Filmverbände eins drauf. "Durch die Bagatellklausel wird den Urhebern und Rechteinhabern die einzige Möglichkeit genommen, gegen private Rechtsverletzer vorzugehen", warnen sie in ihrem Schreiben. Mangels eigener Auskunftsansprüche gegen Internet-Provider zur Abfrage der Identitäten von Tauschbörsianern und darauf aufbauender zivilrechtlicher Klagen bleibe beim illegalen Download nämlich "nur der Weg über die strafrechtliche Verfolgung". Den geplanten "Eingriff in das Eigentumsrecht" halten die Rechteinhaber zudem für "unverhältnismäßig". Es sei kein kollidierendes Grundrecht der Nutzer ersichtlich, welches eine solche Intervention rechtfertigen würde.

Die Filmwirtschaft befürchtet weiter massive Schäden durch die Freistellung. Eine einzige private Kopie könne wiederum zahlreiche Vervielfältigungen zu Folge haben, ohne dass damit ein Qualitätsverlust verbunden sei. Durch die Einführung einer Bagatellklausel wird ihrer Befürchtung nach auch das Verbot von Urheberrechtsverletzungen generell verwässert. Das ohnehin schon kaum vorhandene Unrechtsbewusstsein der Sauger würde damit weiter geschwächt. Letztlich sorge die Passage nur für "zusätzliche Rechtsunsicherheit" bei Rechteinhabern und Endnutzern. Die Bundesregierung betrachtet es dagegen als Ding der Unmöglichkeit, angesichts der massiven alltäglichen Urheberrechtsverletzungen für den häuslichen Gebrauch neben jeden Bürger einen Polizisten zu stellen. "Der Strafausschließungsgrund", hält das Justizministerium fest, "entspricht auch der bisherigen Praxis der Staatsanwaltschaften, im privaten Bereich nicht jede einzelne unzulässige Kopie zu verfolgen."

Zu dem Entwurf des Bundesjustizministeriums für die weitere Novellierung des Urheberrechts siehe auch:

Zur Auseinandersetzung um das Urheberrecht siehe auch:

(Stefan Krempl) / (anw)