Broadcom und VMware: So soll die Private Cloud günstiger werden

Auf der VMware Explore 2024 musste sich Broadcom dem kritischen Publikum stellen. Der Beifall hielt sich in Grenzen – doch VCF 9 bringt interessante Neuerungen.

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Bühne mit Bildschirm "VMware Explore"

(Bild: Broadcom Inc.)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Jens Söldner
  • Thomas Duda

Auf der ersten Hausmesse seit der Übernahme von VMware zeigte Broadcom auf der Explore, wo die Reise für VMware-Kunden und -Partner hingehen soll. Anders als früher soll es nun nicht mehr jedes Jahr "Shiny Objects" geben. Das bezieht sich auf das Shiny Object Syndrome: ein Begriff aus der Psychologie für das Phänomen, dass man sich von neuen und trendigen Ideen kurzfristig ablenken lässt, bis eine neuere Idee einen ablenkt und man die vorherige vergisst. Denn das sei in der Vergangenheit schon öfter der Fall gewesen, nun wehe mit ihm ein anderer Wind beim Private Cloud Spezialisten VMware, ließ der Broadcom CEO Hock Tan in seinem kurzen fünfminütigen Gastspiel in der Explore Keynote durchblicken: Sie seien "Serious Business People", die Probleme lösen wollen und der Spaß stehe da nicht unbedingt im Vordergrund. Der Beifall für den umstrittenen Broadcom CEO hielt sich in Grenzen, die Begeisterung der anwesenden Teilnehmer über die Veranstaltung insgesamt ebenfalls. Rund 5000 sollen es vor Ort gewesen sein, ein negativer Besucherrekord, hatte die VMware Hausmesse doch schon bis zu 25.000 Teilnehmer in der Vergangenheit nach Las Vegas gelockt.

Beliebtheit bei Kunden und Partnern ist eine Sache, geschäftlicher Erfolg natürlich eine andere. Hier kann der Broadcom CEO auf Erfolge verweisen und Fürsprecher für seinen neuen Kurs bei VMware gibt es durchaus. Zu chaotisch sei alles gewesen, es gab zu viele Produkte, die nicht perfekt miteinander integriert waren aufgrund von Abteilungsdenken und Wildwuchs. Hier hat Hock Tan seit der Übernahme aufgeräumt – vier Kernprodukte gibt es noch, er hat die Partnerlandschaft gestutzt und das Personal in immer noch laufenden Kündigungswellen reduziert.

In seiner direkten Art skizzierte Hock Tan in der Keynote die übergeordnete Mission von VMware: "Hier ist meine Sicht der Dinge – sie ist ganz einfach – die Zukunft der Unternehmens-IT – Ihres Unternehmens – liegt nicht in der Public Cloud, sondern in der Private Cloud, in einer Private AI, in ihren privat zugänglichen Daten. Es geht darum, on Prem zu bleiben und die Kontrolle zu behalten. Natürlich können Sie weiterhin die Public Cloud verwenden, um Lastspitzen der Workloads abzufangen. Aber in der hybriden IT-Welt ist die Private Cloud jetzt die entscheidende Plattform, um Ihr Geschäft und Ihre Innovationen voranzutreiben – und damit das alles möglich ist, müssen wir einiges an Arbeit investieren."

Um diese Vision umzusetzen, hat der Hersteller seit der Übernahme einiges getan und konnte einige technische Neuigkeiten auf der Veranstaltung bereits enthüllen. VMware fokussiert sich hier seit der Übernahme auf die zum Flaggschiff und Kernprodukt heraufgestufte VMware Cloud Foundation (VCF), die Unternehmen alles bieten soll, was sie zum Betrieb einer Private Cloud benötigen. Auf der Veranstaltung hat der Hersteller nun eine kommende Version 9 von VCF angekündigt, die auch den Wildwuchs bei den Versionsnummern beseitigen soll. Die bislang aktuelle Version ist VCF 5.2, das wiederum aus vSphere 8 mit NSX und vSAN und einigen weiteren Produkten aus dem VMware-Portfolio besteht. Kritikpunkte waren bislang, dass aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungshistorie der kombinierten Produkte nicht alles reibungslos aufeinander abgestimmt war – unterschiedliche GUIs, verschiedene und nicht miteinander integrierte Tagging-Funktionen in den Einzelkomponenten, um nur einige Beispiele zu nennen. Das soll sich jetzt mit der neuen Version VCF 9 ändern – VMware positioniert sie als "Unified Platform" oder als "A Smarter Way to Cloud", um eine moderne, sichere Infrastruktur mit einer "Cloud Experience" für Administratoren und Entwickler ins Unternehmen als Alternative zu den teuren Public Clouds zu liefern. Hierfür hatte Hock Tan beträchtliche Investitionen in Forschung und Entwicklung angekündigt, die zu den Verbesserungen in VCF 9 und künftigen Versionen führen sollen.

Im Gespräch mit iX fasste Björn Brundert, VMware Principal Technologist bei Broadcom, die Rolle von VCF zusammen: "VMware Cloud Foundation stellt die technische Basis für die Private Cloud bei VMware dar. Von Haus aus eingebaute Dienste umfassen den Betrieb von virtuellen Maschinen und Kubernetes-orchestrierte Container, Netzwerk- und Speicherdienste sowie Datenbankverwaltung. Über weitere zu lizenzierende Advanced Services zusätzlich zu VCF kommen dann Funktionen für weitere Bereiche wie Private AI, Disaster Recovery, fortgeschrittene Security-Funktionen (vDefend), Load Balancing und Edge Orchestration hinzu."

Basis für VCF 9 ist nach wie vor vSphere sowie die HCI-Speichersoftware vSAN und NSX als Netzwerkvirtualisierung. Die Automatisierungs- und Betriebsüberwachung stammt aus den bisherigen Komponenten der Aria-Produktlinie (vorher vRealize), die Entwicklertools für den Betrieb von Containern aus der Tanzu-Produktgruppe. Zusätzliche kostenpflichtige Dienste wie Load Balancer (aus der schon etwas zurückliegenden AVI-Akquisition), Data Services und Private AI (in Zusammenarbeit mit Nvidia und Intel) sollen das Paket abrunden. Was zu einer Private Cloud allerdings fehlt, ist ein nativer S3-kompatibler Objektspeicherdienst. VMware empfiehlt hierfür aktuell entweder eine Integration mit Minio oder Kunden setzen auf professionelle S3-kompatible Dienste DataCore Swarm – hier sollte VMware perspektivisch nachlegen.

Die weiteren angekündigten Features des kommenden VCF 9 lesen sich sonst insgesamt gut: VMware will eine Mandantenfähigkeit direkt im Produkt verankern – bislang war hierfür der VMware Cloud Director notwendig. Künftig sollen native VPCs im vCenter und VCF Automation virtuellen Netze mit Firewalling- und Loadbalancing-Funktionen bereitstellen, den Import von bestehenden Topologien in Brownfield-Umgebungen will VMware ebenfalls vereinfachen. Technisch am beeindruckendsten ist ein Feature, das an Innovationen aus der frühen Zeit von VMware erinnert: Advanced Memory Tiering for NVMe, aktuell als Tech Preview verfügbar, ermöglicht es, Speicher aus NVMe-basierten Speichergeräten als Hauptspeichererweiterung zu verwenden. Details zur Konfiguration nennt der VMware-Mitarbeiter William Lam in seinem Blog. Wie lange die NVMe-Geräte dann unter einem intensiven Betrieb durchhalten, muss man sehen – technisch ist die neue Funktion definitiv interessant.

Kunden, die mit Broadcom den Weg zur VCF-basierten Private Cloud gehen möchten, lasse der Hersteller bei dieser Transition nicht alleine, so Björn Brundert, VMware Principal Technologist bei Broadcom: "Es gibt viele Wege zur Private Cloud und wir haben ein neues Cloud-Maturity-Programm ins Leben gerufen, das Kunden bei diesem Prozess hilft." Informationen zum neuen Private Cloud Maturity Model listet der Hersteller auf.

(fo)