Brüssel nimmt neuen Anlauf fürs Gemeinschaftspatent

Die slowenische Ratspräsidentschaft hat ein Arbeitspapier veröffentlicht, mit dem sie die Debatte über einen gemeinsamen Patentschutz auf EU-Ebene forcieren will. Ihr Fokus liegt auf der Übersetzung von Ansprüchen und der Einnahmenverteilung.

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Die slowenische EU-Ratspräsidentschaft will eine neue Debatte über einen gemeinsamen Patentschutz auf EU-Ebene anstoßen. Sie hat dazu ein Arbeitspapier (PDF-Datei) über die Zukunft des Gemeinschaftspatents veröffentlicht, das sie als "fundamentales, aber immer noch fehlendes Element im System des gewerblichen Rechtsschutz" der Union darstellt. Gemeinsam mit dem geplanten EU-Patentgericht würde es den Nutzern ein "optimales Patentsystem" bieten, das Innovationen fördern und die Wettbewerbskraft der europäischen Wirtschaft steigern könnte.

Zugleich bezeichnen die Slowenen das Gemeinschaftspatent, an dem auch die EU-Kommission in ihrer Mitteilung für eine "Vertiefung des Patentsystems" festgehalten hat, als "günstigste und rechtlich sicherste Antwort" auf die Herausforderungen beim gewerblichen Rechtsschutz. Bisher erteilt das Europäische Patentamt (EPA) allein Bündel nationaler, zeitlich begrenzter Monopolansprüche auf technische Erfindungen. Die Münchner Behörde ist keine EU-Agentur, sondern wird von der über die Gemeinschaft hinausreichenden Europäischen Patentorganisation getragen.

Bisher waren alle Bemühungen um ein Gemeinschaftspatent auf Ratsebene vor allem am Streit über die Übersetzungen und die damit verknüpften Kosten gescheitert. Die Slowenen stellen daher diesen Aspekt gemeinsam mit einem Vorschlag über die Verteilung der anvisierten Einnahmen durch die Verlängerungsgebühren für die Schutzrechte in den Vordergrund, um doch noch einen Konsens zu erreichen.

Das Gemeinschaftspatent dürfe im Interesse von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht zu teuer werden, heißt es in dem Papier. Zugleich müsse durch Übersetzungen aber der einfache Zugang zu den Patentinformationen offengehalten werden. Zwei Lösungen hält die Ratsführung daher für sinnvoll: Erstens ein flexibles Gemeinschaftspatent, bei dem jeder Antragsteller selbst die Zahl der abgegebenen Übersetzungen festlegt; die Ansprüche könnten in den jeweiligen Sprachräumen erhoben werden. Die zweite Option sieht einen zentralen EU-Übersetzungsservice vor, der aus Kostengründen aber größtenteils automatisiert erfolgen soll. Die Maschinenübersetzung hält die Präsidentschaft für machbar, da es auch für die behandelten Fachbegriffe am EPA bereits Vorarbeiten für ein solches System gebe. In einer Übergangsperiode seien zusätzliche menschliche Dolmetscher nötig.

Bei den Verlängerungsgebühren schlägt die Präsidentschaft vor, 50 Prozent der Einnahmen sollten für die Deckung der Eigenkosten wie bei den bisherigen Bündelpatenten ans EPA gehen, das somit auch für die Vergabe der Gemeinschaftspatente verantwortlich wäre. Die andere Hälfte sei unter den nationalen Patentämtern der Mitgliedsstaaten aufzuteilen. Bei den Kriterien für den Aufteilungsschlüssel soll ein Mix verschiedener ökonomischer Kriterien wie der Bevölkerungszahl und der Entwicklung der Patentaktivität in einem EU-Land herangezogen werden. Auf diese Weise sollen auch Mitgliedsstaaten profitieren, die derzeit noch nicht zu den europäischen Patentmeistern gehören. Eine Prämie bringt der Vorstoß zudem für Länder ins Spiel, die auf weniger Übersetzungen von Patentansprüchen bestehen.

Auf die Kritik von Aktivisten, dass mit dem Gemeinschaftspatent die weitgehende, Schutzrechte auf computerimplementierte Erfindungen einschließende Vergabepraxis des EPA in der EU kodifiziert werden könnte, geht das Dokument nicht ein. Für die Skeptiker öffnen die Harmonisierungsbemühungen eine Hintertür für Softwarepatente. (Stefan Krempl) / (anw)