Bundesrat für mehr Datenschutz in der Wirtschaft

Die Länderkammer hat umfassende Nachbesserungen am Regierungsentwurf zur Regulierung von Auskunfteien sowie als Reaktion auf den Missbrauch mit Kundendaten die Erweiterung des Bundesdatenschutzgesetzes gefordert.

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Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag umfassende Nachbesserungen am Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Regulierung von Auskunfteien und Scoring-Anbietern gefordert. Zugleich nutzten die Länder die Aussprache über das Vorhaben, um als Reaktion auf den breiten Missbrauch von Kundendaten die Ausweitung der geplanten Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu verlangen. Auf Antrag (PDF-Datei) Hamburgs pochen sie etwa darauf, dass für die Nutzung personenbezogener Daten für Werbung, Markt- und Meinungsforschung oder die geschäftsmäßige Datenverarbeitung auch im Adresshandel zuvor eine Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden muss. Nach einer Übergangsfrist soll diese Bestimmung auch für Informationen gelten, die sich bei Inkrafttreten der Novelle bereits in Firmenhänden befinden.

Die Länderkammer will so Maßnahmen gegen den florierenden Handel mit Adress- und Kontodaten beschleunigt auf den Weg bringen. Zunächst hatten Bund und Länder bei ihrem Datenschutzgipfel Anfang September vereinbart, entsprechende Verschärfungen erst in eine zweite BDSG-Novelle für bundesweite Ausführungsregeln für ein Datenschutzaudit einbauen zu wollen. Auf den für November angekündigten entsprechenden Kabinettsbeschluss mag der Bundesrat nun aber nicht mehr warten. Angenommen haben die Länderchefs auch einen zweiten Antrag (PDF-Datei) der Hansestadt mit der Bitte um Prüfung an die Bundesregierung, ob bei Unternehmen und insbesondere bei Call-Centern die normierten Anforderungen zur Gewährleistung der Datensicherheit ausreichen oder zusätzlich eine Dokumentation der Herkunft, Nutzung und Weitergabe aller vorhanden Daten erfolgen muss.

Auf Anregung (PDF-Datei) Schleswig-Holsteins hat sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, dass im Falle von Datenschutzverstößen bei besonderem öffentlichen Interesse ein Strafverfahren auch ohne gesonderten Antrag der von der Verletzung ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts Betroffenen eingeleitet werden kann. Rheinland-Pfalz brachte einen angekündigten Entschließungsantrag ein, mit der von der Bundesregierung ein Gesetzentwurf zum Arbeitnehmerdatenschutz verlangt werden soll. Dabei seien die "Grenzen zulässiger Datenerhebung, -verarbeitung und -verwendung klar zu definieren".

Die geplanten Maßnahmen, mit denen die Regierung das in der Wirtschaft verstärkt eingesetzte Scoring für die Bonitätsprüfung transparenter machen will, reichen den Ländern nicht aus. Ihrer Ansicht nach muss zumindest festgelegt werden, welche Daten auf keinen Fall für die Berechnung von Wahrscheinlichkeitswerten bei der Kreditvergabe herangezogen werden dürfen. Dazu zählen sie vor allem Daten, die an die Anschrift eines Betroffenen anknüpfen, sowie Informationen zum Wohnumfeld. Eine wirtschaftliche Benachteiligung von Personen, die beispielsweise in Gegenden mit einem geringen Einkommensniveau oder in Straßen mit vorwiegend älteren Gebäuden wohnten, sei nicht gerechtfertigt und fördere gesamtgesellschaftlich unerwünschte Entwicklungen wie die Bildung von sozialen Brennpunkten.

Einem Antrag (PDF-Datei) Berlins folgend will der Bundesrat auch in anderen Bereichen den Verbraucherschutz stärken. So soll die Frist zwischen der ersten Mahnung bei Zahlungsverzug und der Übermittlung von Daten an Auskunfteien von vier auf sechs Wochen verlängert werden. Deutlich ausgebaut wissen wollen die Länder die Ansprüche auf unentgeltliche Auskunftserteilung über die bei Scoring-Anbietern gespeicherten persönlichen Daten. Weiter sollen die Widerspruchsrechte der Verbraucher gestärkt werden. Um zu verhindern, dass Anfragen über Kreditkonditionen zum Preisvergleich zu einer Beeinträchtigung des Scorewertes führen, soll das entsprechende Verbot mit einem Bußgeld belegt werden.

Allgemein betont der Bundesrat angesichts einer zunehmend technisierten Gesellschaft die Bedeutung und das Erfordernis eines modernen Datenschutzes, "der in seinem Anwendungs- und Geltungsbereich, in seiner Transparenz gegenüber Betroffenen, in seinen Verarbeitungsbeschränkungen und seinen Kontrollen unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten den wachsenden Anforderungen gerecht werden muss". Dabei dürfe jedoch nicht übersehen werden, dass der Schutz der persönlichen Daten vor allem in der Eigenverantwortung jedes einzelnen Bürgers und jedes einzelnen Unternehmens liege. Eine "breit gefächerte Verbraucheraufklärung" sei nötig.

Die Länder bekräftigen zudem ihre Auffassung, dass illegaler Datenhandel mit allen zur Verfügung stehenden straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Mitteln konsequent verfolgt und der vorhandene Rechtsrahmen ausgeschöpft werden muss. Sie sprechen sich für ein "Kopplungsverbot" in der Weise aus, dass Firmen einen Vertragsabschluss nicht von der Zustimmung zur Nutzung von Daten abhängig machen dürfen, die für die Geschäftsabwicklung nicht benötigt werden. Der Bundesrat setzt sich ferner für eine gesetzliche Klarstellung ein, dass das Datenschutzrecht "verbraucherschützenden Charakter" hat. Damit soll es Verbraucherzentralen möglich werden, gegen Verstöße zum Schutz der Konsumenten vorzugehen. (Stefan Krempl) / (vbr)