Bundesrat gegen Befristung der Anti-Terror-Datei

Die von der Bundesregierung vorgesehene Verfallsklausel bei der Datenbank ist nach Ansicht der Länder verfehlt. Gleichzeitig pochen die Ministerpräsidenten auf eine Nutzung der Mautdaten zur Kriminalitätsbekämpfung.

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Der Bundesrat hat sich in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag für eine unbegrenzte Einrichtung der geplanten Anti-Terror-Datei ausgesprochen. Die von der Bundesregierung in ihrem umstrittenen Gesetzesentwurf verankerte Befristung der Datenbank zur Terrorismusbekämpfung ist den Ländern zufolge "aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten". Gegen die automatische Verfallsklausel sprächen zum einen "die nicht unerheblichen Investitionen der Sicherheitsbehörden für die Einrichtung und den Betrieb" der Datei. Zum anderen setze ihre Fassung als Auslaufmodell "die falschen Signale im Hinblick auf die dauerhafte Herausforderung durch den internationalen Terrorismus." Bei der Anstellung eines wissenschaftlichen Sachverständigen zur Evaluation des Gesetzes zur Einrichtung der Datei will der Bundesrat ebenfalls beteiligt werden.

Der "Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder", kurz Gemeinsame-Dateien-Gesetz (PDF-Datei), sieht die Einrichtung einer gemeinsamen, zentralen und standardisierten Anti-Terror-Datenbank von Bundeskriminalamt (BKA), der Bundespolizeidirektion, der Landeskriminalämter, der Verfassungsschutzbehörden, des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesnachrichtendienstes und des Zollkriminalamtes vor. Die Datenbank will die Bundesregierung in die Obhut des BKA geben. In dem System sollen unter anderem Daten über Personen gespeichert werden, die einer terroristischen Vereinigung angehören oder diese unterstützen. Dazu kommen Kontaktpersonen, bei denen "tatsächliche Anhaltspunkte" die Annahme begründen, dass sie mit potenziellen oder überführten Schwerverbrechern in Verbindung stehen.

Zurück wiesen die Ministerpräsidenten eine Empfehlung des Rechtsausschusses der Länderkammer, wonach der missverständliche Begriff der "Kontaktperson" im Gesetz vermieden werden sollte. Schon im eigentlichen Text – und nicht erst in der Begründung – wollten die Rechtspolitiker festgeschrieben wissen, dass Personen, die "flüchtig oder zufällig" mit den Terrorverdächtigen in Berührung gekommen sind, nicht gespeichert werden dürfen. Im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und zur Verwirklichung des Ziels der Datensparsamkeit sollten nur Informationen solcher Personen in der Anti-Terror-Datei gespeichert werden, so der abgeschmetterte Änderungsvorschlag, "die zur Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus unerlässlich sind".

Andererseits konnten sich die Länderchefs auch nicht für eine Empfehlung des Innenausschusses erwärmen, der sich für eine Zugriffsberechtigung von "weiteren Polizeivollzugsbehörden" auf die Terroristendatei ausgesprochen hatte. Nicht an der Datenbank beteiligte Dienststellen könnten andernfalls als "geheim" eingestufte Nachrichten "nur auf alternativen Wegen, die mit hohem Zeitverlust verbunden wären, austauschen". Der jetzige Gesetzesentwurf sieht vor, dass Staatsschutzdienststellen der Länderpolizeien zugriffsberechtigt sein sollen.

Generell hat der Bundesrat keine Einwände an der Anti-Terror-Datei, obwohl sowohl Oppositionspolitiker als auch Bürgerrechtler schwere verfassungsrechtliche Bedenken gegen den weit gestrickten Entwurf der Bundesregierung haben. Auch im Vorfeld der heutigen ersten Behandlung des Datenbankgesetzes in der Länderkammer hatten Datenschützer noch einmal auf "schwere handwerkliche Fehler" hingewiesen, vor der Entstehung eines "monströsen" Datenverbunds gewarnt und ein Einschreiten des Bundesrates gefordert.

Allgemein sieht die Länderkammer weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Abwehr und Verfolgung terroristischer Straftaten. Sie beklagt, dass das Autobahnmautgesetz eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme der Mautdaten und der Kontrolldaten nach anderen Rechtsvorschriften ausdrücklich ausschließt. Die enge Zweckbindung des Autobahnmautgesetzes für die Mautdaten muss nach Ansicht der Länder gelockert werden, um sie "zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Abwehr erheblicher Gefahren für die zuständigen Behörden nutzbar zu machen". Dies diene nicht nur "der Bekämpfung schwerer Allgemeinkriminalität, sondern insbesondere auch der Terrorismusbekämpfung". Das "hohe terroristische Gefährdungspotenzial" mache es nötig, "die unterschiedlichsten Begehungsmodalitäten in die Abwehrstrategie einzubeziehen". Der Bundesrat hat die Bundesregierung daher aufgefordert, rasch einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Anpassung des Autobahnmautgesetzes vorzulegen, und so Öl in die Debatte über den Ausbau der Überwachung mit Hilfe der Mautdaten gegossen.

Siehe dazu auch:

(Stefan Krempl) / (jk)