Bundesregierung: Rückgaberecht für "kostenlose" Apps und Update-Pflicht

Verbraucher sollen Ansprüche auf Reparatur, Aktualisierung oder Rückgabe digitaler Angebote bekommen, auch wenn sie dafür mit ihren Daten bezahlen.

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(Bild: Artur Szczybylo/Shutterstock.com)

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Verbraucher sollen künftig umfangreiche Gewährleistungsansprüche auf Reparatur, Updates oder Rückgabe bekommen, wenn sie herkömmlich bezahlen oder – im Gegenzug etwa für den Zugang zu einem Online-Dienst – ihre persönlichen Daten abgeben. Das geht aus einem von zwei Gesetzentwürfen vor, die das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Damit will sie die EU-Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen umsetzen. Das Gesetz soll Anfang 2022 in Kraft treten. Beide Entwürfe müssen noch den Bundestag und den Bundesrat passieren.

Die vorgeschlagenen Regeln, die sich eng an EU-Vorgaben orientieren, gelten für den Kauf von Waren wie CDs, DVDs oder anderen Datenträgern über das Internet oder im Laden sowie für den Download von Apps, Musik, Videos, E-Books und Spielen. Dienste wie soziale Netzwerke, Online-Anwendungen und Cloud-Speicherdienste sind ebenfalls umfasst. Nicht eingeschlossen sind laut dem Regierungsentwurf für digitale Dienste Verträge über die Bereitstellung von Open-Source-Software, für die der Verbraucher keinen Preis zahlt.

Ist das digitale Produkt oder der Dienst mangelhaft, kann der Verbraucher eine "Nacherfüllung" des Vertrags verlangen, diesen beenden oder den Preis mindern und Schadenersatz oder einen Ausgleich vergeblicher Aufwendungen verlangen. Diese Gewährleistungsansprüche sollen innerhalb von zwei Jahren verjähren.

Klare zeitliche Vorgaben für Aktualisierungen von Software macht die Regierung nicht: Der maßgebliche Zeitraum soll bei einem Vertrag über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts die darin umrissene Periode sein. In allen anderen Fällen handle es sich um den Zeitabschnitt, den der Verbraucher "aufgrund der Art und des Zwecks des digitalen Produkts und unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann". Weitere Update-Vorgaben auch für Produkte mit "digitalen Elementen" wie Smartphones hat das Bundesjustizministerium bereits vorgeschlagen.

Widerruft der Verbraucher eine von ihm erteilte datenschutzrechtliche Einwilligung oder widerspricht er einer weiteren Verarbeitung seiner personenbezogenen Informationen, so kann der Anbieter unter bestimmten Umständen einen Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Gravierend verändern darf ein Hersteller ein digitales Produkt nur, wenn etwa ein triftiger Grund vorliegt und dem Verbraucher keine zusätzlichen Kosten entstehen. Für die Miete digitaler Produkte gelten Sonderregeln.

Mit dem Entwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie "zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften" kommen auf Online-Marktplätze und Vergleichsdienste wie Amazon, eBay, Airbnb und Idealo neue Hinweispflichten zu. Sie sollen Verbraucher künftig über die wesentlichen Kriterien des Rankings der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte informieren, die sie dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentieren. Dabei müssen sie Angaben machen über die genutzten Hauptparameter sowie deren "relativer Gewichtung".

Falls dem Verbraucher ein Vergleich von Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten gezeigt wird, sind auch Hinweise auf die einbezogenen Anbieter nötig. Marktplatzbetreiber müssen Kunden zudem informieren, ob der Anbieter ein Unternehmer oder Verbraucher ist. Verbraucher sollen beim Kauf von Eintrittskarten auf dem Zweitmarkt künftig über den vom Veranstalter festgelegten Originalpreis des Tickets informiert werden. Anbieter müssen Nutzer darüber aufklären, wenn ein Preis auf Basis einer automatisierten Entscheidung personalisiert wurde. Verstöße will die Regierung schärfer ahnden.

"Künftig ist klar: Wenn eine Software fehlerhaft ist oder eine App nicht richtig funktioniert, hat der Kunde die gleichen Rechte wie beim Kauf jedes anderen Produkts", erläuterte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). "Endlich kommt die Updatepflicht für Geräte mit digitalem Inhalt, wie Software und Apps", sagte die Netzexpertin der Grünen im Bundestag, Tabea Rößner. Plattformbetreiber sollten aber auch dazu angehalten werden, Hinweisen auf Irreführung nachzugehen und bestimmte Prüfmechanismen gegen Falschdeklarationen oder gefälschte Bewertungen einzuführen.

Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) bezeichnete die Digitale-Inhalte-Richtlinie als "wichtigen Baustein, um den Verbraucherschutz im digitalen Zeitalter zu stärken". Die Update-Pflicht müsse aber auch für die Hersteller gelten, nicht nur für Verkäufer.

Susanne Dehmel vom IT-Branchenverband Bitkom beobachtet dagegen mit Sorge den Trend, "dass Unternehmen immer mehr Informationspflichten ohne erkennbaren Mehrwert für Verbraucher erfüllen sollen". Angebots- und Preisvergleiche seien auch so online schon überaus einfach anzustellen.

(anw)