Bundesregierung prüft Verzicht auf Entschädigungsregel für TK-Überwachung

Auf Anregung des Bundesrates will die Bundesregierung im Rahmen der Änderung des Telekommunikationsgesetzes noch einmal über die vorgesehene Vergütung von Hilfssheriffs-Tätigkeiten der Telcos nachdenken.

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Auf Anregung des Bundesrates will die Bundesregierung noch einmal über die geplante Vergütung von Hilfssheriffs-Tätigkeiten der Telekomunikationsanbieter nachdenken. Man werde das Anliegen der Länderkammer an dieser Stelle im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur geplanten Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) prüfen, heißt es in der heise online vorliegenden Gegenäußerung der Bundesregierung zu einer Stellungnahme des Bundesrates. Die Länder hatten argumentiert, dass die Überwachungsdienste der Telcos und Provider zu den Leistungen gehören, die jeder Bürger als Zeuge zu erbringen habe. Demnach sollen die Firmen für ihre Überwachungsdienste weiter nur nach den geringfügigen Sätzen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) "entlohnt" werden.

Wirtschaftsvereinigungen wehren sich gegen den Wegfall der Entschädigungsregel. So legte der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) vergangene Woche ein Gutachten vor, wonach der Staat für die Hilfe der privaten Unternehmen beim Beschnüffeln ihrer Kunden zahlen muss. "Es ist unverständlich, dass sich die Bundesregierung bei diesem Punkt bislang nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte, die den berechtigten Interessen der Unternehmen Rechnung trägt", zeigt sich VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner pikiert. Für eine zügige Lösung der Kostenfrage hatte sich jüngst noch einmal der IT-Branchenverband Bitkom eingesetzt und konkrete Entschädigungssummen in den Raum gestellt.

Der Anregung der Länder zu einer leichten Überarbeitung des am heftigsten umstrittenen Punkts des Kabinettsentwurfs zur TKG-Überarbeitung, den geplanten "Regulierungsferien" für das VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Telekom, stimmt die Bundesregierung zu. Der Bundesrat sprach sich dafür aus, im weiteren Gesetzgebungsverfahren den Begriff des "nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes" im Entwurf "konsequent" zu verwenden. Laut der Schlüsselpassage in Paragraf 9a soll die Regulierung eines "neuen Marktes" nur dann erfolgen, wenn der "nachhaltige" Wettbewerb langfristig in Gefahr zu geraten droht. Die entsprechende Klausel sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Wettbewerbern erst einmal abzuschotten. Die Bundesregierung will damit erreichen, dass der Altmonopolist mit dem neuen Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse bei Endkunden mit bis zu 50 MBit/s ermöglicht, unbeschadet von Preisauflagen und Öffnungsklauseln für Konkurrenten in den Markt gehen kann.

Keinen Korrekturbedarf sieht die Bundesregierung im Gegensatz zum Bundesrat bei den Formulierungen zum Einsatz von Mobilfunkblockern in Justizvollzugsanstalten (JVAs) oder bei Großveranstaltungen. Die telekommunikationsrechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von Frequenzstörern seien im Regierungsentwurf hinreichend dargelegt. Einer Frequenzzuteilung bedürfe es genauso wenig wie einer gesonderten "JVA-Regelung". Eine "pauschale Ermächtigung" für den Einsatz entsprechender Geräte im TKG vorzusehen, sei mit der Gesetzgebungskompetenz und der daraus folgenden eingeschränkten Regelungskompetenz im TKG nicht vereinbar. In welchem Umfang derartige "Jammer" eingesetzt werden dürften, sei allein im Rahmen der landes- und bundesrechtlichen Bestimmungen festzulegen.

Der VATM zeigt sich über das bisherige Gesetzgebungsverfahren enttäuscht, denn zentrale Forderungen seien bislang weder vom Bundesrat noch von der Bundesregierung aufgegriffen worden. Insbesondere dürften neue Märkte nicht erst dann reguliert werden, wenn der Wettbewerb langfristig behindert würde. Nur mit Rahmenbedingungen, welche die Belastungen für die Branche reduzieren, und einer effizienten Regulierung werde die Grundlage für die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gelegt, betonte Grützner. (Stefan Krempl) / (anw)