Opposition kündigt Widerstand gegen VDSL-Regulierungsferien für die Telekom an

Politiker der Grünen und der FDP monieren "wettbewerbsfeindliche Änderungen" im Regierungsentwurf zum Telekommunikationsgesetz zugunsten des Altmonopolisten. "Die Telekom hat die Regierung in die Tasche gesteckt", schimpfen die Grünen.

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Oppositionspolitiker im Bundestag beanstanden "wettbewerbsfeindliche Änderungen" im umstrittenen Regierungsentwurf zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Ein Dorn im Auge ist ihnen vor allem der Plan des Bundeskabinetts, der Deutschen Telekom eine Regulierungspause für ihr entstehendes Hochgeschwindigkeitsnetz zu gewähren. "Die Telekom hat die Regierung in die Tasche gesteckt", schimpft Grietje Bettin, medienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, gemeinsam mit ihrem wirtschaftspolitischen Kollegen, Matthias Berninger. Der Experte für Telekommunikationspolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Joachim Otto, befürchtet derweil eine "nachhaltige Schwächung des Wettbewerbs in der Informations- und Telekommunikationsbranche". Es gebe keine legitime Notwendigkeit, der Telekom für den Aufbau eines VDSL-Netzes "Regulierungsferien" zu erteilen.

"Die Digitalisierung in Deutschland ist bereits vor Jahren durch die damals monopolartigen Strukturen bei der DSL-Versorgung erheblich gebremst worden", konstatiert Otto weiter. "Noch ein weiterer Stock im Rad des Wettbewerbs würde dem Standort Deutschland schwer schaden." Der Vorsitzende der FDP-Kommission für Internet und Medien appelliert gleichzeitig an "profilierte" Telekommunikationspolitiker der Großen Koalition wie die Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion, Martina Krogmann, sowie an den Generalsekretär der SPD, Hubertus Heil, bei der Beratung im Bundestag "zumindest auf die Änderung des relevanten Paragraphen 9a des neuen Telekommunikationsgesetzes zu drängen".

Die umkämpfte Klausel sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Konkurrenten erst einmal abzuschotten. Wettbewerber sollen die ausgebaute Datenautobahn im Gegensatz zu den normalen Festnetzleitungen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen. Ob das VDSL-Netz der Telekom wirklich neuartig ist, bleibt allerdings umstritten. Zahlreiche Wettbewerber sind schließlich schon dabei, ihre Netze ebenfalls für die Übertragung auch audiovisueller Inhalte in hoher Qualität aufzurüsten.

Die Telekom habe es vor allem eilig, "die erkauften Fußballrechte via Internet-Fernsehen an den Mann zu bringen", argwöhnen die grünen Fachpolitiker daher. Letztlich würden ihnen zufolge die Verbraucher die Zeche für die Regulierungsfreistellung bezahlen, da sie mit überhöhten Preisen rechnen müssten. Bettin und Berninger wollen deshalb im Bundestag Änderungsanträge einbringen, um den Mitbewerbern den Infrastrukturwettbewerb von Anfang an zu ermöglichen. Zuvor hatten bereits die im Branchenverband VATM versammelten Telekom-Herausforderer einen Sturmlauf gegen die Regulierungsferien angekündigt. Auch die EU-Kommission mag die ihres Erachtens protektionistischen Pläne der Bundesregierung nicht dulden.

Nicht weniger umstritten ist die im Entwurf für die TKG-Änderung enthaltene Neufassung der Bestimmungen zum Verbraucherschutz vor Telefon-Abzocke. Wer Klingeltöne oder Spiele abruft, muss bei einem Betrag von zwei Euro an künftig vorher über den Preis informiert werden. Eine kostenlose Warn-SMS ist Pflicht, wenn in einem Monat 20 Euro für Kurzwahldienste im Abonnement erreicht werden. Bei Weitervermittlung durch Auskunftsdienste und bei 0137-Nummern ist der Preis anzusagen. Für Abonnements von Mehrwertdiensten müssen die Vertragsbedingungen per SMS zugesandt werden, der Service kommt nur bei Bestätigung zustande.

Während Verbraucherschützern die Regelungen noch als zu schwach erscheinen, gehen neben dem Bitkom auch der Freiwilligen Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST) die Auflagen zu weit. Schwer verständliche Regelungen zu Preishöchstgrenzen und -ansagen würden den Verbraucher überfordern, fürchten die in dem Verein versammelten Anbieter. "Die Zielsetzung, Verbrauchern einen möglichst unkomplizierten Überblick über die Kostenstrukturen zu ermöglichen, wird beispielsweise mit fünf verschiedenen Regelungen in sechs Rufnummerngassen wohl kaum erkennbar", erläutert FST-Geschäftsführerin Claudia Kalenberg. Der Entwurf berücksichtige zudem nicht die dringend erforderliche Gleichbehandlung von Mobilfunk- und Festnetzen. "Die vorgesehene Preishöchstgrenzen-Regelung privilegiert die Mobilfunknetze deutlich", glaubt Kalenberg. Gewinnmargen zwischen Mobilfunknetzbetreibern und Content-Anbietern bei Mehrwertdiensten würden so künftig noch ungerechter verteilt.

Zur Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch:

(Stefan Krempl) / (ssu)