Bundestag stimmt gegen Digitalminister und verpflichtende offene Standards

Seite 2: Smart Deutschland

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In erster Lesung beriet das Parlament zugleich über 13 von insgesamt 25 Anträgen der FDP, mit denen diese die Regierung bei der Digitalisierung zum Jagen tragen und "Smart Deutschland" voranbringen will. Die behandelte Palette der ersten Tranche reicht von Ansinnen, die Games-Branche stärker zu fördern, über Regeln zum digitalen Nachlass oder für "Smart Cities" bis hin zum Vorschlag, CO2 mit der Blockchain "an die digitale Kette" zu legen.

Angesichts der ausgerufenen "Digitalisierungswoche" gab Maik Beermann (CDU) zu bedenken, dass das Internet & Co. längst einen großen Querschnitt widerspiegelten und alle Ressort beträfen. So bringe es etwa nichts, den Cyberwar, in dem es möglicherweise um Auf- und Ausrüstung gehe, aus dem Verteidigungsministerium herauszulösen. Zudem sorge Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) im Kanzleramt schon für eine gute Absprache.

Die FDP habe Recht mit ihrer Aussage: "Die Mobilfunkversorgung ist absolut unbefriedigend", räumte Beermanns Parteikollege Patrick Schnieder ein. "Wir haben zu stark auf die Versorgung einzelner Haushalte statt von Flächen gesetzt." Bei der jüngsten Auktion von 5G-Frequenzen sei dieser Aspekt aber schon "deutlich stärker einbezogen" worden. Der Christdemokrat versicherte: "Die Mobilfunkstrategie werde systematisch abgearbeitet."

Ein eigenständiges Digitalministerium sei "total aus der Zeit gefallen", beschied Saskia Esken von der SPD den Liberalen. Das Digitale lebe bereits in allen Bereichen und sei "das neue Normal". Den Plädoyers von Linken und Grünen nach mehr Offenheit und Open-Source-Software könnten die Sozialdemokraten dagegen zustimmen, auch wenn diese "in der Umsetzung noch etwas unausgegoren" seien. Die Regierung entwickle momentan selbst im Rahmen der geplanten Reform des Open-Data-Gesetzes Ideen, "wie es weitergehen könnte".

Der SPD-Digitalsprecher Jens Zimmermann rieb sich vor allem am Appell, dass Facebooks geplante Digitalwährung Libra auf keinen Fall verhindert werden dürfe. Ein Schutz eines solchen Kartells von Finanz- und Digitalunternehmens sei unangebracht.

"Für die Energiewende präsentieren Sie gar nichts", zerlegte Timon Gremmels (SPD) die Überlegungen der FDP zu CO2 und Blockchain. Es sei sinnlos, CO2-Senken über Coins finanzieren zu wollen, "die als Verein ausgegeben werden unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung". Die Politik müsse sich zwar Gedanken über die CO2-Speicherung machen, ergänzte Karsten Möring (CDU). Dafür gelte es aber, das Gas dem Kreislauf dauerhaft zu entziehen. Es sei schwierig, dies privat zu organisieren. Zudem dürften die Kosten für das Schürfen von Kryptowährungen nicht vergessen werden.

Die Linke Anke Domscheit-Berg forderte die Regierung auf, endlich Verantwortung für den digitalen Verbraucherschutz zu übernehmen und es Providern zu untersagen, einfach zu erratende Passwörter zu akzeptieren. Überfällig sei auch eine Haftplicht für IT-Produkte, falls etwa der Kühlschrank zum Botnetz mutiere. Wenn sich Geheimdienste weiter Hintertüren aufhöben, setzten sie zudem die ganze vernetzte Welt großen Sicherheitsgefahren aus.

Gegen den "Generalverdacht", unter die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Gamer-Szene gestellt habe, wehrte sich Mario Brandenburg (FDP): "Wer die Mitte unserer Gesellschaft so stigmatisiert, handelt bemerkenswert undifferenziert". Die Hälfte der Deutschen spiele mittlerweile Videospiele. Er selbst habe am Rechner schon seine "Sniper-Skills" verbessert oder Monster zerlegt. Versuche, Plattformen zu unterwandern, gebe es auch in der analogen Welt. Der Konservative Möhring entgegnete: "Sehr viele Terroristen haben einen Gamer-Hintergrund", aber nicht jeder Computerspieler werde ein Terrorist. (anw)