Bundestag will Datenschutz deutlich verbessern

In einem Beschlussentwurf sprechen sich alle Fraktionen etwa gegen die Vorratsspeicherung der Telekommunikations-Verkehrsdaten sowie gegen Schnüffelaspekte der Gesundheitskarte aus.

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Der Bundestag will das in Brüssel vorangetriebene Projekt zur Zwangsspeicherung sämtlicher Telekommunikations-Verkehrsdaten durch die TK-Anbieter stoppen. Das geht aus einem Entwurf für einen Beschluss hervor, den sämtliche Fraktionen des Parlaments gemeinsam verfasst haben. In dem Papier, das heise online vorliegt, erinnern die rot-grüne Koalition gemeinsam mit CDU/CSU und der FDP an seine bereits bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes zum Ausdruck gekommene Ablehnung einer Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten. Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, "einen etwaigen Beschluss in den Gremien der EU, der eine solche Verpflichtung für Unternehmen in Deutschland vorsähe, nicht mitzutragen".

Nachdem der Wirtschaftsausschuss bereits in ähnlicher Form einer Vorratsdatenspeicherung die Rote Karte gezeigt hatte, soll der federführende Innenausschuss den Antrag noch in den letzten Sitzungswochen dieses Jahres verabschieden. Da der Beschlussentwurf schon vorab von allen Fraktionen mitgetragen wurde, steht auch dem sich anschließenden Votum im Parlamentsplenum prinzipiell nichts mehr entgegen. Der Bundestag greift damit ein heißes Eisen auf, das auch in Brüssel bereits zu verstärkten Diskussionen und zu einer vorläufigen Vertagung eines entsprechenden Rahmenbeschlusses im EU-Rat geführt hat. Bei der heftig umstrittenen Maßnahme geht es um die ein- oder mehrjährige Speicherung aller Daten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen.

Der Beschlussantrag bezieht sich darüber hinaus allgemein auf eine Unterrichtung (PDF) des Bundesdatenschutzbeauftragten. So wollen sich die Abgeordneten etwa auch dafür einsetzen, dass mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte "die Datenhoheit der Patienten gewahrt bleibt". Sie plädieren dafür, dass die verschiedenen technischen Lösungen für das Großprojekt "ohne Vorfestlegung auf ein Verfahren (technikoffen) getestet werden, damit die für den betroffenen Bürger datenschutzfreundlichste Lösung gefunden werden kann." Andernfalls werde die flächendeckende Verbreitung der Karte aufgrund mangelnder Akzeptanz bei der Bevölkerung fehlschlagen.

Weitere Themen, welche die Beschlussempfehlung forciert, sind die Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes, die Sicherung des entschlüsselten menschlichen Genoms, die datenschutzfreundliche Gestaltung von E-Government-Angeboten sowie die Bündelung der derzeitigen unterschiedlichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen für Tele- und Mediendienste in einem Telemediengesetz. Darüber hinaus drängen die Abgeordneten auf "gleichwertige Datenschutz-Standards für den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit" in der EU. "Big Brother" Hans Eichel wollen sie nach der überstürzten Verabschiedung des Gesetzes "zur Förderung der Steuerehrlichkeit" Ende 2003 zumindest eine Transparenzpflicht auferlegen: die betroffenen Bürger sollen zumindest über durchgeführte Kontenabfragen nachträglich informiert werden.

Prinzipiell macht sich der Bundestag zudem Sorgen, dass die fortschreitende Digitalisierung und die starke Zunahme von Datenströmen auch im nicht-öffentlichen Bereich etwa durch RFID-Chips "zu einer immer stärkeren Verknüpfung von Daten führen können, die für unterschiedliche Zwecke erhoben wurden". Verbunden mit einem wachsenden Netz verschiedener Auskunftssysteme und branchenübergreifender Zentraldateien erscheint es technisch möglich, heißt es in dem Papier, "durch Profilbildung das Verhalten eines bestimmten Menschen ohne dessen Wissen und Wollen abzubilden und ihn so für Dritte berechenbar zu machen". Die Bundesregierung möge prüfen, wie der unübersichtlichen Datenjagd etwa durch die Begrenzung zentraler Auskunfteien oder die Entwicklung datenschutzfreundlicher Technologien ein Riegel vorgeschoben werden könne. (Stefan Krempl) / (anw)