Bundestagswahl: EU-Kommission warnt vor Einflussnahme Russlands

Voice of Europe ist nur die Spitze des Eisbergs. Die EU warnt vor Scheinmedien. Bürger sehen Gefahr in Desinformationskampagnen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 53 Kommentare lesen
Würfelkette mit zwei kippenden Würfeln, die je nach Lage Fact oder Fake anzeigen

(Bild: Dilok Klaisataporn/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr warnt EU-Kommissions-Vizepräsidentin Vera Jourova vor möglichen Manipulationsversuchen Russlands. "Wir leben in einer neuen Ära der feindlichen Beeinflussung", sagte die EU-Kommissarin für Transparenz und Werte und den Schutz der Demokratie der "Süddeutschen Zeitung". "Ich fürchte, dass Voice of Europe die Blaupause für weitere Operationen ist – auch im Vorfeld der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Dieses Schein-Medium ist wohl nur die Spitze des Eisbergs." Es könne als Methode kopiert werden.

Die EU hatte Voice of Europe und drei weiteren russischen Medienorganisationen im Mai eine Ausstrahlung innerhalb der Europäischen Union verboten. Laut EU wurden alle von der russischen Regierung kontrolliert, und sie zielten auf Parteien in Europa ab, "vor allem während Wahlphasen". Voice of Europe mit Sitz in Prag steht unter Verdacht, prorussische Propaganda in der EU verbreitet und Geld an europäische Politiker gezahlt zu haben. So steht der AfD-Politiker Petr Bystron in Verdacht, im Zusammenhang mit dem Portal Geld erhalten zu haben, um im Bundestag im Sinne Russlands zu agieren. Dieser hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

"Deutschland, Frankreich und Polen sind extrem unter Druck beim Thema Falschinformationen", sagte Jourova weiter. Russlands Präsident Wladimir Putin versuche besonders in diesen zentralen europäischen Ländern zu investieren, "weil er auf einen hohen Profit bei einem Meinungsumschwung hofft". Jourova forderte in der EU mehr Gegenwehr. "Denn die Gefahren werden noch größer", so die Tschechin.

Zugleich berichtet die dpa über eine Umfrage, bei der erfragt wurde, wie groß Bürger die Gefahr von Einflussversuchen durch Desinformationskampagnen einschätzen. Fast drei Viertel (73 Prozent) der Bundesbürger halten demnach aus dem Ausland gesteuerte Desinformationskampagnen für eine große oder sehr große Gefahr für die Demokratie in Europa. Nur 24 Prozent der Befragten sehen in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa für die Zeitschrift "Internationale Politik" eine weniger große oder keine Gefahr.

Die Gefahr erscheint demnach Befragten in Ostdeutschland etwas weniger groß als jenen im Westen des Landes: Im Osten meinen 67 Prozent, solche Kampagnen seien eine große oder sehr große Gefahr, im Westen sind es 75 Prozent. 30 Prozent der Befragten im Osten halten die Gefahr dagegen für weniger groß oder nicht existent, im Westen sind es 24 Prozent.

Mit Blick auf die Parteianhängerschaften fällt auf, dass Wählerinnen und Wähler der Regierungsparteien die Gefahr, die von solchen Kampagnen für die Demokratie ausgeht, überdurchschnittlich hoch einschätzen: 90 Prozent der SPD- und der Grünen-Anhänger halten sie für groß oder sehr groß, unter den Wählern der FDP sind es 88 Prozent. Auch bei den Unterstützern der Unionsparteien liegt der Wert mit 80 Prozent klar über dem Durchschnitt. Umgekehrt ist es bei den Wählerinnen und Wählern der AfD: Unter ihnen hält nur eine Minderheit von 42 Prozent Desinformationskampagnen für gefährlich, jeder Zweite dagegen für weniger oder nicht gefährlich

Jüngere Befragte im Alter zwischen 18 und 29 Jahren sind laut Umfrage deutlich weniger oft der Ansicht, Desinformationskampagnen seien eine große oder sehr große Gefahr: 66 Prozent denken so. 45- bis 59-Jährige sind dagegen am stärksten besorgt (83 Prozent).

In eigener Sache: heise online bei WhatsApp

Keine Tech-News mehr verpassen: heise online auch bei WhatsApp abonnieren!

Wir schicken einmal am Tag die wichtigsten Nachrichten aus der Redaktion.

(emw)