Chat über das Verhältnis von "Killerspielen", Kunst und Grundgesetz

Im Rahmen der Online-Debatte der Bundeszentrale für politische Bildung findet kommende Woche der zweite Online-Chat statt. Derweil sorgen Pläne des Bundesinnenministeriums für eine Überarbeitung des Waffenrechts für Diskussionsstoff.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 170 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Im Rahmen der Online-Debatte "Verbotene Spiele" der Bundeszentrale für politische Bildung steht am Dienstag kommender Woche der nächste Chat an. Von 16 bis 17 Uhr diskutieren Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Staatssekretär für Kultur in Nordrhein-Westfalen, und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des deutschen Kulturrates, zum Thema "Freie Rede, freie Kunst?". Dabei geht es um das Verhältnis von "Killerspielen", Kunst und Grundgesetz. Zimmermann argumentiert, das diskutierte Verbot von gewalthaltigen Computerspielen würde in die verfassungsrechtlich garantierte Kunstfreiheit eingreifen. Grosse-Brockhoff meint hingegen: "Das Computerspiel lässt die Simulation der Welt in ganz anderer Weise zu einer Scheinrealität werden als ein gelesenes oder auf der Bühne gespieltes Stück Literatur." Die Warnung vor der Missachtung der Kunstfreiheit gehe am Problem des virtuellen Auslebens von Gewalt vorbei.

Die Online-Debatte "Verbotene Spiele" startete vorige Woche Montag. Im ersten Chat am Mittwoch diskutierten der Medienwissenschaftler Mathias Mertens von der Universität Hildesheim und Matthias Kleimann vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen über die Frage: Sind Computerspiele anders als andere Medien? Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich ein Chat-Transkript.

Die Diskussion über "Killerspiele" und die Auswirkung von gewalthaltigen Medien hat nach Bekanntwerden von Plänen des Bundesinnenminsters Wolfgang Schäuble eine Dimension zurückgewonnen, die kurz nach dem Amoklauf an einem Erfurter Gymasium im April 2002 durch die Verschärfung des Waffengesetzes bereits ausgeblendet schien. Der 19 Jahre alte Amokläufer besaß als Mitglied eines Schützenvereins Besitzkarten für langläufige Waffen. Die Medienberichte konzentrierten sich aber schnell darauf, dass er auch gewalthaltige Computerspiele besessen hatte. Ende vergangener Woche war durch eine Spiegel-Vorabmeldung bekannt geworden, dass das Innenministerium die Altersgrenze für großkalibrige Waffen von 21 auf 18 Jahre zurück absenken will. Begründet wird die Reliberalisierung des Gesetzes damit, um in Europa einheitliche Regelungen zu erreichen. Außerdem habe eine Überprüfung keinen Sicherheitsgewinn gebracht. Es bleibe demnach bei der Zuverlässigkeitsprüfung von Sportschützen, die ebenfalls nach dem Amoklauf eingeführt wurde. Bis zum 25. Lebensjahr soll es demnach künftig auch eine psychologische Prüfung für Sportschützen geben.

Schäubles Pläne stießen derweil auf heftige Kritik. Die Vize-Vorsitzende der FDP im Bundestag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sagte der Netzeitung, der Innenminister sollte "jetzt nicht den Wünschen einzelner Schützenverbände nachgeben und in einen Gesetzgebungsaktionismus verfallen". Stattdessen sei Schäuble aufgefordert, eine "gute, fundierte" Untersuchung zum geltenden Waffenrecht vorzulegen. Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei, kritisiert laut Kölner Express, dass auf ein zentrales Waffenregister verzichtet werde. Es sei unverzichtbar zu wissen, wie viele legale Waffen es gibt. Die Direktorin des Gutenberg-Gymnasiums, Christiane Alt, sagte der Thüringer Allgemeinen, die Entscheidung, das Waffenrecht nach dem Amoklauf an ihrer Schule zu verschärfen, sei keine Entscheidung aus der Betroffenheit heraus, sondern längst überfällig gewesen. Es gebe keinerlei Anlass, dies jetzt rückgängig zu machen.

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't-Hintergrund zur bisherigen Berichterstattung über die Diskussion um das Jugendmedienschutzrecht, Gewaltspiele, Verbotsforderungen und Beschränkungen für Jugendliche bei Spielen:

(anw)