Chernobyl30: Beklemmende Bilder aus der Todeszone

Seite 5: Fotografie in der Todeszone

Inhaltsverzeichnis

Es gibt nur wenige historische Bilder von den ersten Tagen nach dem Reaktorunglück und dafür gibt es gute Gründe. Zuerst wurde die Katastrophe lange von den Behörden vertuscht, deswegen hat es einige Zeit gedauert bis die ersten Fotografen am Unglücksort waren. Der russische Fotograf Igor Kostin war als einer der ersten Reporter vor Ort. Ein Großteil seiner Bilder war aber komplett unbrauchbar. Grund: Damals fotografierte man noch auf lichtempfindlichem Film, Digitalkameras waren noch nicht marktreif. Die extrem hohen Strahlenbelastung führte dann immer wieder zu komplett schwarzen Bildern. Die wenigen brauchbaren Bilder waren extrem grobkörnig, auch das ist auf die erhöhte Strahlenbelastung zurückzuführen. Auch die Elektronik litt unter der Strahlung, Igor Kostin berichtete von erheblich verkürzten Akkulaufzeiten.

Wer heute in der Sperrzone fotografiert, muss sich mit derartigen Einschränkungen der Ausrüstung nicht mehr beschäftigen. Für den Fotografen selbst gilt das allerdings nicht, denn ein menschlicher Körper ist weniger robust als eine Digitalkamera. Für Heiko Roith und sein Team gehörte auch knapp 30 Jahre nach der Katastrophe ein Geigerzähler zur Standardausrüstung. Erst mit dem Geigerzähler wird die Strahlenbelastung deutlich, denn Radioaktivität wird vom Körper nicht wahrgenommen.

Wie andere Besucher auch, durfte auch der Fotograf Heiko Roith (rechts im Bild) das Sperrgebiet nur mit einem Führer betreten.

(Bild: Heiko Roith)

Auch nach der Katastrophe blieb das Kraftwerk im übrigen noch viele Jahre im Betrieb. Der Block 4 wurde durch die Kernschmelze zwar komplett zerstört, aber die Blöcke 1, 2 und 3 wurden weiterhin genutzt. Der letzte Block wurde erst im Jahr 2000 abgeschaltet. Zu einer generelle Wende der Energiepolitik hat die Katastrophe selbst in der Ukraine nicht geführt. Auch nach Tschernobyl wurden weitere Atomkraftanlagen in Betrieb genommen. Der größte Geldgeber für die aktuelle Abdichtung der Reaktorruine durch den neuen Sarkophag ist im übrigen die EU. Die Ukraine ist, und das war im übrigen auch schon vor der Ukraine-Krise der Fall, nicht einmal in der Lage ihren auf Konferenzen zugesagten Anteil an der Finanzierung zu leisten.

Die Mission des Projekts Chernobyl30 ist es daher, die Langzeitfolgen des Atomunglücks im Bewußtsein der Öffentlichkeit zu halten. Heiko Roith zeigt mit seinen Fotos eindrücklich die wahren Kosten der billigen Energie. (sts)