China: Löcher im Grünen Damm sollen gestopft werden

Der Hersteller einer chinesischen Filtersoftware, die künftig den Zugriff auf unerwünschte Webinhalte unterbinden soll, wurde von den Behörden angewiesen, das Programm zu verbessern. Zuvor waren Berichte über gravierende Sicherheitslücken aufgetaucht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Plan der chinesischen Regierung, neue Computer ab dem 1. Juli nur noch in Verbindung mit einer Filtersoftware verkaufen zu lassen, die den Zugriff auf ungewünschte Webinhalte unterbindet, entwickelt sich zu einem Fiasko. Der Geschäftsführer der an der Programmierung der Filterlösung beteiligten Firma "Jinhui Computer System Engineering", Zhang Chenmin, räumte gegenüber China Daily ein, dass die über unzählige Webportale bereits verbreitete Software "Lvba-Huajihuhang" (Green Dam and Escorting Minors) gravierende Schwachstellen enthalte, die Angreifer ausnutzen könnten, um Zugriff auf Systeme zu erlangen.

Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie habe die Firma angewiesen, die Software zu verbessern, nachdem erste Berichte über Sicherheitslücken im "Grünen Damm" aufgetaucht waren, sagte der Manager der größten englischsprachigen Tageszeitung im Land. So gelang es etwa Studenten des US-Computerexperten J. Alex Halderman von der University of Michigan eigenen Angaben zufolge nach nur wenigen Stunden, einen mit Green-Dam-Software ausgestatteten Computer zu infiltrieren und zum Absturz zu bringen. Einmal kompromittiert, ließen sich die Rechner auch in Botnetze einbinden und für größere Angriffe nutzen, verdeutlicht Halderman.

China hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass PC-Hersteller Geräte in der Volksrepublik künftig nur in Kombination mit der umstrittenen Filtersoftware anbieten dürfen. Während diese bei Privatkäufen zunächst lediglich beigelegt wird, sind etwa Schulen und andere öffentliche Einrichtungen verpflichtet, die Software auf ihren Computern zu installieren. Bei der Analyse ungewünschter Webinhalte greift das Programm auf Bild-, Text- und URL-Filter zu. Bei der Bildanalyse wird laut der University of Michigan Code der Open-Source-Bibliothek OpenCV genutzt, um (pornografische) Fotos auszusortieren, die große Bereiche mit hellen Hauttönen zeigen.

Kein Wunder also, dass die Software bei Bildern von Schweinen und Babys den virtuellen Zeigefinger erhebt, während brasilianische Schönheiten – so unbekleidet sie auch sein mögen – den Grünen Damm ungehindert passieren können. Entgegen den Angaben, wonach die Filterlösung lediglich dem Aussortieren von pornografischen Inhalten und damit dem Schutz der Jugend dienen soll, sind in den Textfiltern auch politische Begriffe hinterlegt. So ist etwa die religiöse Bewegung Falun Gong aus Staatssicht für Chinesen genauso ein Tabuthema wie Informationen zur gewaltsamen Beendigung des Volksaufstandes auf dem Platz des himmlischen Friedens vor fast genau 20 Jahren. (pmz)