City-ATM: Forscher erproben Verkehrssystem für unbemannte Flugobjekte

Paketdrohnen, Lufttaxis und andere unbemannte Luftfahrzeuge sollen sich künftig einen Verkehrsraum teilen. Experten tüfteln an Regeln dafür.

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(Bild: DLR)

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Wissenschaftler arbeiten im Projekt City-ATM an Pendants zu Ampeln, Vorfahrts- und Stoppschildern im urbanen, weitgehend unkontrollierten Luftraum bis zu 760 Metern über Grund. Die Integration von unbemannten Luftfahrzeugen in den Verkehr mit größeren Flugzeugen gilt schon länger als Herausforderung. Beobachter rechnen damit, dass gerade über größeren Städten der Einsatz etwa von Quadrocoptern, unbemannten Hubschraubern und größeren Starrflüglern in den nächsten Jahren deutlich zunimmt.

Schon jetzt ist es kein reines Science-Fiction-Szenario mehr, was Dagi Geister vom Institut für Flugführung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beschreibt: "Eine Paketdrohne liefert eine Warensendung im Vorgarten eines Einfamilienhauses ab. Weiter oben bringen autonome Lufttaxis Pendler zu ihren Arbeitsplätzen in der Stadt. Über den Straßenkreuzungen der Innenstadt schweben kleine unbemannte Fluggeräte." Um einen sicheren und effizienten Betrieb zwischen den alten und neuen Verkehrsteilnehmern im geteilten urbanen Himmelsraum zu gewährleisten, müssten aber viele Randbedingungen beachtet und geklärt werden.

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Mit dem Projekt City-ATM wollen die beteiligten Institutionen und Firmen ein Konzept für ein zukünftiges Luftraummanagement (Air Traffic Management – ATM) entwickeln. In dem seit 2018 laufenden Projekt arbeiten mehrere DLR-Institute mit Partnern wie NXP, FlyNex, Deutsche Flugsicherung (DFS), Kopterkraft, Auterion, das Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung und die Gesellschaft für Luftverkehrsinformatik zusammen.

Im Herbst testeten die Beteiligten am Nationalen Erprobungszentrum für unbemannte Luftfahrtsysteme in Cochstedt erstmals, ob und wie sich mehrere Drohnen in plötzlichen Gefahren sicher handhaben lassen. Dabei simulierten die Forscher ein Feuer mit Rauchbomben. Die Schwaden entdeckte eine spezielle Drohne für Behörden und Organisationen mit Sicherungsaufgaben (BoS), die das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme betreibt.

Nachdem der Gefahrenherd ausgemacht war, erstellte der Operator der BoS-Drohne eine Flugverbotszone um das "Feuer" herum und lud diese Information auf einen zentralen Server von FlyNex hoch, an den auch die Bodenstation angeschlossen war. Die dortigen Mitarbeiter pflegten die rote Zone in die interne Datenbank ein, in der auch der lokale Flugverkehr von der DFS bereits eingespeist ist. Alexander Kuenz vom DLR-Institut für Flugführung erläutert: "So wurde unter anderem eine Konflikterkennung und -vermeidung mit den kontrollierten Drohnen ermöglicht."

Die Bodenstation teilte derweil den drei Quadrocoptern in der Luft die Koordinaten der Gefahrenzone mit. Sie erkannten Kuenz zufolge eigenständig, ob sie sich nahe der Gefahrenzone befanden. In diesem Fall hielten sie sofort ihre Position und warteten auf neue Anweisungen aus dem Kontrollzentrum. Die Wissenschaftler konnten dann die Drohnen um die Verbotszone herumführen.

Die Flugsysteme kommunizierten über D2X-Funk (Drone2X) auf Basis des Standards 802.11p mit der Bodenstation. D2X basiert auf der WLAN-Spezifikation für die "Car to Car Communication" (C2X). Kuenz bewertet die Versuche insgesamt als "erfolgreich und vielversprechend".

Der Luftraum der Zukunft wird erforscht (8 Bilder)

Auf­nah­me der Rauch­fa­ckel und Ge­ofence-Il­lus­tra­ti­on. (Bild: DLR)

2019 hatten die Forscher ein anderes Experiment an der Köhlbrandbrücke in Hamburg unternommen. Dabei wollten sie zeigen, wie die Kooperation und Kommunikation von Drohnen im komplexen Umfeld einer vielbefahrenen städtischen Verkehrsader auch über Wasser schon heute funktioniere, freut sich Kuenz. Es habe auch "die beispielhafte Erkennung feiner Risse erfolgreich demonstriert werden" können. Der Schiffs- und Straßenverkehr lief währenddessen weiter.

City-ATM läuft noch bis Ende 2021. In der nächsten größeren Aktion sollen einige physikalische Drohnen in einem unübersichtlichen, größtenteils virtuellen Verkehrsszenario mit etwa 100 weiteren unbemannten Flugsystemen bewegt werden. Geführt werden sollen sie sowohl vom Boden als auch autonom an Bord. Bis dahin wollen die Wissenschaftler die Geräte aber noch mit weiterer spezieller Technik ausrüsten, um auf Nummer sicher zu gehen.

(anw)